Belehrungsblatt 4 (Ziffern 114 bis 116)Belehrungsblatt 5 (Ziffern 125 bis 127)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition

Ausgabe B
mit den Ziffern Nr. 117 bis 133
(ungekürzte Ausgabe)

Nur für den Dienstgebrauch !
Belehrungsblatt über Beseitigung
feindlicher Abwurfmunition
Blatt 5

Herausgegeben vom R.d.L. und Ob.d.L., Inspektion des Luftschutzes,
am 15. März 1942

Engl. Minen-
bombe
1800 kg
(siehe
Abb. 65
)
117.

Ergänzend zu den Ziffern 18, 45 und 111 der Belehrungsblätter 1, 2 und 4 ist in Abbildung 65 die englische Minenbombe 1800 kg dargestellt. Sie wird je nach dem Flugzeugbaumuster mit einer, zwei oder drei Aufhängeösen versehen. Durch einen hohlen Blechzylinder an ihrem hinteren Ende wird, ähnlich wie bei den Stabbrandbomben 1,7 kg, der Schwerpunkt der Bombe nach vorn verlegt. Eine zusätzliche Stabilisierung während des Fluges wird durch einen Bremsring aus dünnem Blech bewirkt. Der Bremsring wird mit Spannschrauben am zylindrischen Teil der Bombe befestigt und umgibt einen Teil der kegelförmigen Spitze, so daß ein Strömungsabriß bildet.

Wie bereits in Ziffer 111 des Belehrungsblattes 4 mitgeteilt, ist die Anord-nung der Zünderbuchsen fast bei jedem aufgefundenen Blindgänger anders gewesen. Es sind daher in der Abbildung nur zwei Beispiele dargestellt.

In einigen Fällen ist der Sprengstoff nicht restlos detoniert und die obers-ten Teile wurden brennend fortgeschleudert, so daß manchmal eine, aller-dings unbeabsichtigte, brandstiftende Wirkung erzielt wird.

 
 

Wirkung der Minenbombe 1800 kg.

 
 

Da die Minenbomben nur mit o.V.-Zünder geworfen werden, dringen sie nicht tief in das Ziel ein und bilden daher Trichter von nur sehr geringer Tiefe. Die Splitterwirkung des dünnen Bombenmantels ist nur in wenigen Metern Umkreis feststellbar, weil der Mantel in sehr kleine Splitter zerlegt wird, die keine nennenswerte Durchschlagskraft und Reichweite besitzen. Die seitliche Luftdruckwirkung, die Hauptaufgabe dieser Bombe, hat nach den bisherigen Erfahrungen etwa folgenden Umfang:

In 50 bis 100 m Entfernung treten Zerstörungen oder Beschädigungen am Mauerwerk auf.

Für Personen, die sich nicht in Schutzräumen befinden, besteht die Gefahr des Auftretens von Lungenrissen, und zwar in Gebäuden bis etwa 50 m Entfernung, im freien Gelände bis etwa 200 m Entfernung.

Türen und Fensterrahmen werden in freien Gelände bis etwa 1000 m Ent-fernung herausgerissen. In Städten mit hohen Gebäuden wird diese Wir-kung ungefähr bis zur zweiten Parallelstraße beobachtet.

Glasschäden und Gefährdung von Personen durch herausgerissene Fenster-scheiben in freiem Gelände bis zu etwa 1500 bis 2000 m.

In Großstädten mit sehr hohen Häusern ist die Reichweite der Detonations-wirkung, wenn die Bombe auf den Erdboden aufschlägt, verhältnismäßig klein. Trifft die Bombe jedoch das Dach eines Hauses, so werden die be-nachbarten Dächer bis zu mehreren 100 Meter im Umkreis abgedeckt und die übrigen Luftdruchzerstörungen haben fast die gleiche Ausdehnung wie bei Treffern in freiem Gelände.

Abwurfhülse
für englische
Signalpatro-
nen
(siehe
Abb. 66
)
118.

Wie bereits in Ziffer 40 des Belehrungsblattes 2 mitgeteilt, werden von englischer Seite Signalpatronen in Blechhülsen als Navigationshilfsmittel abgeworfen. Ursprünglich stellten diese Hülsen in Verbindung mit einer thermitgefüllten Patrone eine kleine Brandbombe dar. Diese Art von Brand-bomben hat die Bezeichnung INC 6,5 OZ oder INC 5 OZ. Nachdem die Er-fahrungen des Krieges gezeigt haben, daß die kleinen Brandbomben sich nicht bewähren, wurde die Hülse zum Abwurf von Signalpatronen benutzt. Auf diese Weise können sich Flugzeuge gegenseitig Leuchtsignale geben, die erst am Boden zum Abschuß kommen und dadurch den Standort des Flugzeuges in der Luft nicht verraten.

Neue Art des
Abwurfs von
engl. Leucht-
bomben
119.

In letzter Zeit wurden englische Leuchtbomben abgeworfen, bei denen drei und mehr Stück durch Blechschellen miteinan-der verschraubt waren, und jede dieser Leuchtbomben war mit dem Zünder Nr. 42 versehen. Alle Zün-der wurden beim Abwurf gleichzeitig abgezogen und die einzelnen Leucht-sätze mit ihren Fallschirmen während des Fluges dieses Leuchtbombenbün-dels ausgestoßen. Geringe zeitliche Unterschiede zwischen den Ausstoß-vorgängen der einzelnen Bomben sind durch Ungenauigkeit in den Brenn-sätzen der Zünder bedingt. Es soll durch diesen gebündelten Abwurf er-reicht werden, daß viele Leuchtbomben an einer Stelle stehen und sich da-durch ihr Licht an einer Stelle vervielfacht. Die Erfahrung hat gezeigt, daß eine Vergrößerung der Leuchtsätze über ein gewisses Maß hinaus nicht möglich ist, weil dann der Leuchtsatz nicht mehr abbrennt, sondern deto-niert. Es wurde auch beobachtet, daß manche englischen Leuchtsätze sehr schnell zu Boden fallen. Nach den bisherigen Feststellungen ist das darauf zurückzuführen, daß teilweise, trotz der Ungenauigkeit in der Zün-derlaufzeit, zwei und mehr Leuchtsätze mit Fallschirmen gleichzeitig aus-gestoßen werden, die Fallschirme sich ineinander verhängen, in Brand ge-raten und verbrennen, so daß die Leuchtsätze sofort zu Boden fallen. Die Vernichtung blindgegangener, gebündelter Leuchtbomben ist aus Sicher-heitsgründen ebenfalls, wie in Ziffer 48 des Belehrungsblattes 3 angegeben wurde, durch Sprengung in einer Grube durchzuführen.

Hochspan-
nungsleit-
ungen in
der Nähe von
Spreng-
stellen
120.

Ein tödlicher Unfall bei der Blindgängerbeseitigung wurde durch folgende Umstände verursacht: Bei der Sprengung einer Bombe in der Nähe einer Hochspannungsleitung wurde das Zündkabel durch den Luftdruck in die Luft geschleudert und berührte eine Hochspannungsleitung; der Feuerwer-ker am Glühzündapparat wurde getötet. In Zukunft ist daher das Spreng-kabel in der Nähe der Bombe, aber mindestens 5 bis 10 m außerhalb des zu erwartenden Sprengtrichters, gut festzubinden; falls hierzu keine Bäume o. ähnl. vorhanden sind, muß ein genügend fester Pfahl in die Erde geschla-gen werden.

Engl. Bomben
GP 50 u.
120 LB
(Abb. 67
u. 68)
121.

Die englischen Bomben GP 50 und 120 LB entsprechen in ihrem Aufbau den alten Langzeitzünderbomben GP 250 LB mit durchgehendem Zentralrohr. Beide Bombenarten wurden bis-her nur in seltenen Fällen abgeworfen. Der Abwurf geschah fast immer durch Tagesaufklärer oder einzeln fliegende Nachtaufklärer, die mit Rücksicht auf lange Flugstrecke wahrscheinlich nur kleine Bombenlasten mitgenommen hatten. Die GP 50 LB hat zwei Aufhän-geösen, von denen eine längs und die andere quer steht (siehe Abb. 67). Die Zündergewinde ermöglichen den Einbau des Kopfzünders Nr. 19, des Heckzünders Nr. 21 oder des Langzeitzünders Nr. 17. Die Sprengstoffüllung besteht entweder aus 5,3 kg Trinitrotoluol oder 4,5 kg eines Gemisches aus 80% Ammoniumnitrat mit 20% Trinitrotoluol. Der Anstrich entspricht den bisherigen GP-Bomben.

Die GP 120 LB hat den gleichen Aufbau, jedoch etwas größere Abmessun-gen. Sie ist ebenfalls mit Gewinden für die Zünder Nr. 19, 21 oder Lang-zeitzünder Nr. 17 versehen. Es ist bisher nur ein Fall bekannt, in denen eine freiliegende Bombe einwandfrei als GP 120 Lb erkannt wurde und nach einigen Stunden durch Langzeitzünder zur Detonation kam.

Die Sprengstoffüllung besteht entweder aus 14,5 kg Trinitrotoluol oder 11,5 kg Ammoniumnitrat mit Trinitrotoluol (80/20).

Verwendung
von Waffen
unteroffz.
(Abwurfw.)
an Stelle von
Feuerwerkern
in der Luftwaffe
122.

Da innerhalb der Luftwaffe für die Feuerwerker kein Nachwuchs mehr aus-gebildet wird (s. "Besondere Luftwaffenbestimmungen" 41 Nr. 15 Ziff. 409 Abschnitt III A (2) –), geschieht in Zukunft die Behandlung der deutschen Abwurfmunition außer durch Feuerwerker auch durch Waffenunteroffiziere (Abwurfwaffen), die nach den neuen Richtlinien seit 1.5.1941 an der Flieg WS 1 in Halle ausgebildet werden. Die Ausbildung dieser Uffz. erstreckt sich auch auf die Beseitigung nicht detonierter Abwurfmunition. Diese Uffz. können daher in Zukunft an Stelle der gemäß L.Dv. 764, Ziff. 16 bis 21 einzusetzenden Feuerwerker diese Arbeiten durchführen. Es ist darauf zu achten, daß nur Waffen-Uffz. (Abwurfw.) mit einer nach dem 15.10.1941 erfolgreich abgelegten Abschlußprüfung eingesetzt werden.

Die LGK's sind dafür verantwortlich, daß die listenmäßige Erfassung und Weiterbildung dieser Waffen-Uffz. (Abwurfw.) gemäß Ziffer 18–21 der L.Dv. 764 durchgeführt wird. Die gemäß "Belehrungsblatt über Beseitigung feindl. Abwurfmunition" Blatt 1 Ziff. 3 erforderlichen Sonderausweise für Feuer-werker sind entsprechend zu ändern. Der Wortlaut heißt dann: Der Waf-fen-Uffz. (Abwurfw.) X. ist vom LGK ............. mit der Beseitigung nicht detonierter feind-licher Abwurfmunition beauftragt. Alle Wehrmachtsdienst-stellen .......... usw." (s. Text Belehrungsblatt 1 Anlage 1).

Tödliche Un-
fälle infolge
Verlagerung
der LZZ-Bom-
ben bei Frei-
legeung
123.

Die Unfallauswertung ergab, daß sich in einigen Fällen bei ungünstigem Un-tergrund (Sand und Moor) Langzeitzünder-Bomben in der Zeit zwischen ihrer Freilegung und der Anbringung der Sprengladung verschoben haben. Die Detonation trat dann nach wenigen Minuten ein. Wird daher bei Freile-gungsarbeiten eine Verlagerung der Bombe infolge Nachrutschens der Gru-benwände, Zerbrechens der Spundbohlen usw. festgestellt, so ist, wenn es die örtlichen Verhältnisse irgend erlauben, bis zur Fortsetzung der Frei-legungsarbeiten eine zusätzliche Wartezeit von mindestens 24 Stunden einzulegen. Erst dann dürfen die Bomben erneut freigelegt und gesprengt werden.

Engl. leuch- tendes Kurs- signal (Land) (siehe
Abb. 69
)
124.

An einem abgeschossenen Flugzeug wurde in stark beschädigtem Zustand ein Leuchtsignal, das in Abb. 69 dargestellt ist, gefunden. Der Zünder ent-spricht in seinem Aufbau und seiner Wirkungsweise dem der Übungsnebel-bombe (siehe Belehrungsblatt 2 Abb. 21). Die Füllung bestand aus etwa 1,3 kg Pyroschliff als Leuchtsatz. Genaue Angaben über die Brenndauer können noch nicht gemacht werden. Vermutlich hängt die Brenndauer in der Praxis aber sehr stark vom Grad der Verformung des Blechkörpers beim Aufschlag auf verschieden harten Untergrund ab.

Größter Durchmesser des Körpers: etwa 110 mm,

Länge einschließlich Leitwerk: 550 mm,

Vollgewicht: 4,8 kg.

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