Belehrungsblatt 8 (Anlage zum Belehrungsblatt)Belehrungsblatt 9 (Ziffer 245)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition

Ausgabe B
mit den Ziffern 244 bis 316
(ungekürzte Ausgabe)

Nur für den Dienstgebrauch !

Belehrungsblatt über Beseitigung
feindlicher Abwurfmunition
Blatt 9

Herausgegeben vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe
- Inspektion des Luftschutzes -
am 10. Januar 1944.

Stand der bri-
tischen Brand-
und Spreng-
bomben am
1.11.43
244.

I. Brandbomben. (Abb. 94, 189, 233 (Teil I u. Teil II), 234 und 235)

  Es werden bei britischen Luftangriffen nur noch die
  a)

Phosphorbombe 14 kg, Baumuster INC 30 LB Mk III und IV (Abb. 234), meist mit Längsschweißnaht und in der Spitze eingegossenen Phosphor (200 bis 600 g) und Benzol-Kunstharz-Brandmasse, sowie die

b)

Stabbrandbombe 1,7 kg, Baumuster INC 4 LB Mk IV und V (Abb. 235) abgeworfen. Mark IV mit langsam brennenden Brandsatz (Brandku-chenbildung nach etwa 2½ bis 3½ Minuten, zum Teil mit Sprengköp-fen). Der Anteil der Stabbrandbomben mit Sprengkopf ist sehr gering und kann auch nicht gesteigert werden, da durch die Detonation der Brandkuchen zerrissen wird, wobei viele kleine, verhältnismäßig harm-lose Brandkügelchen gebildet werden, so daß gewissermaßen eine selbsttätige Ablöschung der Brandbombe eintritt und ihre brandstiften-de Wirkung nahezu aufgehoben wird.

Die Bombe Mk V mit schnell brennendem Brandsatz (der Körper zerläuft bereits nach 10 bis 20 Sekunden) ist identisch mit der USA-Stab-brandbombe TH 50 und TH 50 X (letztere mit Schwarzpulverzerleger) und stellt wahrscheinlich auch eine USA-Fertigung dar.

c)

Phosphorkanister sind schon seit Anfang 1942 nicht mehr abgeworfen worden, obwohl bei jedem Angriff Kanisterabwürfe gemeldet werden. Die Nachprüfungen haben aber in jedem Falle ergeben, daß es sich um Phosphorbomben 14 kg gehandelt hat, die von der Bevölkerung fälsch-lich "Kanister" genannt werden. Meist gibt es auch das zerdrückte, aus dünnen Blech hergestellte Leitwerk Anlaß zu diesen Kanistermeldun-gen.

Brandkanister 4 Liter mit Benzol-Benzin-Kresol-Kunstharz-Brandmasse ohne Phosphor mit Schwarzpulver-Aufreißladung und Aufschlagzünder werden seit August 1943 durch britische Störballone abgeworfen (sie-he Ziff. 293).

d)

Die Flüssigkeitsbrandbombe ICN 250 LB = 113 kg (Abb. 94) wird eben-falls von der britischen Luftwaffe nicht mehr eingesetzt. Die Nachprü-fung der Meldungen über ihren Einsatz ergab, daß es sich in allen Fäl-len um leere Hüllen der Zielmarkierungsbombe "Target-Marker 250 LB" mit 60 Leuchtstäben gehandelt hat. Die britischen Bestände der INC 250 LB sind offenbar an die USA- Luftwaffe abgegeben worden, denn die USA-Flugzeuge warfen bei ihren Tagesangriffen auf Städte im Reichsgebiet im August bis Oktober erhebliche Mengen dieser Bomben ab. Die Lieferungsdaten ergaben britischen Ursprung.

e)

Die Groß-Phosphorbombe INC 4000 LB = 1200 kg (Abb. 189) ist im Jahre 1943 nur noch in etwa 10 Fällen abgeworfen worden, was da-rauf schließen läßt, daß lediglich die Restbestände einer Versuchsreihe aufgebraucht werden. Ihr kommt praktisch keine Bedeutung mehr zu, da sie eine Zielmarkierungsbombe darstellt, die inzwischen durch die bessere Zielmarkierungsbombe "Target-Marker 250 LB" ersetzt worden ist. Es befinden sich somit nur noch die Phosphorbombe 14 kg und die Stabbrandbombe 1,7 kg mit und ohne Sprengkopf als Brandbomben im Einsatz (siehe Abb. 234 und 235).

II. Spreng- und Minenbomben.
(Abb. 236 Teil I und Teil II)
f)

Splitterbomben F 20 (Abb. 237a) und GP 40 LB (Abb. 237b), vereinzelt gegen lebende Ziele (Feuerlöschkräfte und Flakbatterien) mit Zünder 45 eingesetzt.

g)

GP 250 LB (Abb. 12) ganz vereinzelt mit eingebautem Langzeitzünder 17 und bei Störangriffen mit Langzeitzünder 37 (WeCo).

h)

GP 500 LB (Abb. 238), fast nur noch mit Langzeitzünder 37 (WeCo); sie ist inzwischen ersetzt durch die wesentlich wirksamere

i)

MC 500 LB (Abb. 127), die trotz ihrer Umwandung m.V.-Würfe (meist 1/40 Sekunde) erlaubt und infolge ihres 50%igen Sprengstoffanteils, meist "Amatex", Hexogen-Tri oder Ammonium-Tri-Mischungen, eine verhältnismäßig gute Minenwirkung ergibt. Die Bombe wird auch mit Langzeitzünder 37 (WeCo) zusammen mit elektrischem Kippzünder 845 eingesetzt. Bei Störangriffen mit dem Flugzeugbaumuster "Moskito" werden von dieser Bombe meist 3 Stück zusammen mit einer Blitzlicht-bombe oder Leucht- oder Signalbombe abgeworfen.

k)

GP 1000 LB (Abb. 239) wurde noch vereinzelt mit Aufschlagzünder m.V., häufiger aber mit Langzeitzünder 37 (WeCo) und elektrischem Kippzünder gefunden. Sie tritt gegenüber der

l)

MC 1000 LB (Abb. 240) mit 50% Sprengstoffanteil neuerdings stark in den Hintergrung. Die MC 1000 LB wurde mit Aufschlagzünder und Ver-zögerung von 1/40 Sekunde, seltener mit o.V.-Zünder, sehr häufig je-doch mit Langzeitzünder 37 (WeCo) und elektrischem Kippzünder ge-funden. Sie wird meist paarweise abgeworfen, wobei eine Bombe mit Langzeitzünder versehen ist. Bei Abwurfhöhen unter 3000 m wird der Einschlagkanal dieser mit LZZ geworfenen Bombe bisweilen durch den Trichter der m.V.-Bombe verschüttet, was zu Unfällen Anlaß geben kann. Die Bombe ist bei m.V.-Würfen (1/40 Sekunde) sehr gut geeig-net, Wasserleitungen oder Verkehrsanlagen zu zerstören, da sie Trich-ter von 3 bis 5 m Tiefe und 12 bis 15 m Ø erzeugt. Bei Treffern in Ge-bäude ergibt sie bei Detonation über Erdgleiche gute Minenwirkung auf die benachbarten Gebäude, so daß in vielen Fällen angenommen wird, es handele sich um Treffer der Minenbombe HC 2000 LB oder HC 4000 LB. In diesen Fällen ist jedoch die Zerstörung von Fenstern und Dä-chern in geringerem Umkreise als bei den HC-Bomben festzustellen. Die Sprengstoff-Füllung besteht aus Ammoniumnitrat-Tri-Gemisch, dem häufig Hexogen zu den verschiedensten Prozent-Sätzen beigemischt ist, was an der Buchstabenkennzeichnung "Amatex" oder "HDX TNT" und Zahlengruppen, z.B. 51/40/9 oder 60/40 usw. zu erkennen ist.

m)

GP 1900 LB = 820 kg-Sprengbombe (Abb. 241), meist für m.V.-Würfe gegen Industrieanlagen, aber in letzter Zeit nur vereinzelt festgestellt.

n)

HC 2000 LB = 835 kg-Minenbombe (Abb. 195 und 19), dünnwandig mit 75% Sprengstoffanteil, mit festem Leitwerk vereinzelt abgeworfen. Ausführung mit Fallschirm wurde in den letzten Monaten nicht mehr festgestellt. Abwurf offenbar nur von Flugzeugbaumustern, bei denen die HC 4000 LB infolge ihres großen Durchmessers nicht in die Bomben-schächte paßt.

o)

HC 2000 LB ? Es wurde Kopfteil einer Bombe von 560 mm Durchmesser und 5 mm Wanddicke, gewölbt, mit 3 Zünderbuchsen ähnlich wie bei der HC 4000 LB, gefunden; es muß daher vermutet werden, daß es sich um eine auf Grund der konstruktiven Erfahrungen mit der HC 4000 LB verbesserte dickere und kürzere, d.h. im Flugzeug raumsparende Ausführung der HC 2000 LB handelt. Blindgänger wurden noch nicht gefunden.

p)

HC 4000 LB = 1800 kg-Minenbombe mit 72% Sprengstoffanteil (Abb. 242 und 243) wird zur Zeit als Minenbombe am häufigsten geworfen. Es wurden fast nur noch die Ausführungen Mk II bis IV mit gewölbtem Kopfteil und 3 Aufschlagzündern gefunden. Die Zahl der Blindgänger ist durch diese Zünderanordnung stark zurückgegangen.

q)

GP 4000 LB = 1800 kg, dickwandig, wurde als Blindgänger oder an Sprengstücken noch nicht festgestellt, Markierung am Bombenzielgerät und an Bombenschlössern ist jedoch vorhanden.

r)

HC 8000 LB = 3600 kg-Minenbombe (nach britischen Angaben verein-zelte Abwürfe). Blindgänger noch nicht geborgen. Bombe hat wahr-scheinlich den gleichen Aufbau wie HC 4000 LB, dürfte jedoch etwas dicker und länger sein.

s)

HC 9000 LB = 4000 kg-Minenbombe (Abb. 244), bisher nur vereinzelt im Tiefangriff mit Verzugszünder F 870 gegen Kanäle und Schleusen-anlagen eingesetzt. Bombe ist dreiteilig und kann auch in zweiteiliger Form als HC 6000 LB und durch Anschrauben eines vierten Spreng-stoffteiles als

    t)

HC 12000 LB benutzt werden. Die Bezeichnung HC 12000 LB wurde bisher nur an britischen Bombenvisieren und Aufhängevorrichtungen gefunden. Die Bombe HC 9000 LB ist mit Hochleistungssprengstoff, d.h. 41% Tri, 41% Hexogen und 18% Aluminiumpulver, gefüllt. Das Ge-misch wurde bisher nur in vereinzelten Bomben für Sondereinsätze be-nutzt, z.B. auch in der Rotationswasserbombe.

III. Bomben für Sondereinsätze.
u)

Rotationswasserbombe 3900 kg (Abb. 245, 246, 247) zum Einsatz ge-gen Talsperren (Ziff. 262).

v)

SAP 60 LB = Panzerbombe mit 25% Sprengstoffanteil und Raketenan-trieb (Abb. 248) wurde bisher nur im Tiefangriff waagerecht nach vorn gegen leichte Schiffsziele (aufgetauchte U-Boote, Minenräumboote usw.) sowie gegen Schleusenanlagen durch Jagdflugzeuge eingesetzt. Dabei hängen meist 4 Bomben unter jeder Tragfläche. Raketenantrieb erlaubt Abschußentfernungen von etwa 1000 m (geschätzt) (Ziff. 314).

w)

SAP 500 LB (Abb. 249) und

x)

AP 2000 LB (Abb. 194) gegen Hafenanlagen, Schiffe und Festungswer-ke.

y)

AT 9 LB (Abb. 98a und 131), eine Kampfwagenabwehrbombe "Anti-Tank", die früher irrtümlicherweise als Kleinst-Minenbombe bezeichnet wurde. Einsatz bisher fast ausschließlich auf dem afrikanischen Kriegs-schauplatz. Genaue Berichte mit Unterlagen über derzeitigen Einsatz dieser Sonderbombe fehlen.

z)

Welches Bombenbaumuster z.Zt. für die Bekämpfung getauchter U-Boote verwendet wird, konnte noch nicht einwandfrei ermittelt wer-den, da von diesen Bomben keine Blindgänger geborgen werden kön-nen. Es ist anzunehmen, daß die in Ziffer 144 und Abb. 95 bis 96 be- schriebene Wasserbombe Verwendung findet.

Eine kleine Splitterbombe von etwa 1 bis 2 kg, die auch zur Erzeugung von Luftsprengpunkten dienen kann, wie sie von deutscher und sow-jetischer Seite verwendet wird, fehlt sowohl bei der britischen als auch bei der USA.-Luftwaffe. Da die deutschen Bomben dieser Ge-wichtsklasse nach britischen Berichten als sehr unangenehm empfun-den werden, muß auch mit britisch-amerikanischen Entwicklungsarbei-ten in dieser Richtung gerechnet werden.

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