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Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition |
Ausgabe B - Blatt 9 |
Hautaus-
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287. |
Es hat sich herausgestellt, daß sich einzelne Feuerwerker und Offiziere (W) beim Entleeren von Sprengbomben englischer und amerikanischer Herkunft oder beim Unschädlichlichmachen von Zerschellern, insbesondere mit den Sprengstoffen Ammoniumnitrat-Tri, unangenehme Hautentzündungen und Geschwürbildungen zugezogen haben. Obwohl nur verhältnismäßig wenige Menschen gegen diese chemischen Einwirkungen empfindlich sind – eine in der Medizin als "Idiosynkrasie" bezeichnete Eigenschaft –, ist es notwen-dig, mit solchen Arbeiten beauftragte Feuerwerker, Strafgefangene oder LS.- Polizei-Angehörige zu belehren. Wenn nur stundenweise mit dem Sprengstoff gearbeitet wird, genügt es, daß man sich nach Beendigung der Arbeit und insbesondere bei den Frühstückspausen die Hände sorgfältig wäscht. Nach Möglichkeit ist jedoch nach Beendigung der Arbeit zu baden. |
Beaufsich-
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288. |
Der Masseneinsatz von Langzeitzünderbomben seit März 1943 hat es bei Großangriffen häufig notwendig gemacht, daß ein Feuerwerker mehrere Ar-beitsgruppen beaufsichtigen muß, damit die örtlichen Sprengkommandos überhaupt in der Lage sind, die anfallenden Bomben zu bewältigen. Abwei-chend von der Ziffer 45 Absatz 4 der L.Dv. 764 können in Zukunft bei Großangriffen erfahrene Feuerwerker mit Genehmigung des Sprengkomman-doführers mehrere Arbeitsstellen gleichzeitig beaufsichtigen, sofern diese im Stadtgebiet nicht weiter als etwa 300 m und in freiem Gelände mit Sichtverbindung nicht weiter als etwa 1000 m voneinander entfernt sind. Während der Abwesenheit des Feuerwerkers übernimmt ein anderer Soldat (etwa der Kraftfahrer des Feuerwerkers), ein I.-Dienstführer oder ein An-gehöriger des Strafgefangenen-Aufsichtspersonal die Aufsicht. Es ist in Zukunft nicht notwendig, daß sich der aufsichthabende Feuerwerker oder sein Vertreter (siehe oben) ununterbrochen in der Grube und dem unmittel-baren Splitterbereich aufhält. Es muß jedoch durch fortlaufende Kontroll-gänge oder sonstige von den örtlichen Verhältnissen abhängige Aufsichts-maßnahmen die Kontrolle des ordnungsmäßigen Fortganges der Arbeiten gewährleistet sein. Werden beim Ausgraben irgendwelche Bombenteile ge-funden oder wird durch Sondieren festgestellt, daß der Schacht in unmit-telbarer Nähe der Bombe angekommen ist, so sind die Arbeiten einzustel-len, der Feuerwerker zu benachrichtigen und erst in seiner Anwesenheit die Arbeiten fortzusetzen. |
Spreng-
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289. |
In den britischen Flugzeugen sind besonders geheim zu haltende Kennge-räte und Flächennavigationsgeräte mit Sprengladungen versehen, um sie bei Abschuß oder Notlandung nur zerstört in unsere Hände fallen zu lassen. Mehrfache Unfälle geben Veranlassung, darauf hinzuweisen, daß die Ange-hörigen der Sprengkommandos, die den Flugzeugbruch nach nicht detonier-ter Munition untersuchen, auch das Entschärfen der Sprengladungen in den Funkgeräten vornehmen müssen. Die Sprengsätze werden elektrisch zur Entzündung gebracht. Die Auslösung erfolgt von Hand oder automa-tisch durch Beschleunigungs- oder Lagenschalter. |
Die Sprengsätze dürfen nur entfernt werden, wenn dies ohne Beschädigung des Geräts zu erreichen ist. Ist das Gerät eingedrückt, so daß ein Entfer-nen der Sprengsätze Schwierigkeiten bereitet, so ist nur die elektrische Verbindung zum Sprengsatz bzw. zum Gerät zu lösen und das Gerät mit einem Hinweis zu versehen, daß Sprengsatz im Gerät noch vorhanden ist und nicht ohne weiteres ausgebaut werden kann. Aus gegebener Veranlas-sung wird darauf hingewiesen, daß mutwillige Beschädigungen, insbeson-dere abhandengekommene Röhren, vielfach Anlaß zu Tatberichten gegeben haben. |
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Eingebaut sind Sprengsätze in den britischen Kenngeräten R 3000, R 3001, R 3002, R 3003, R 3003 A, R 3077, R 3078, R 3108, R 3109, R 3089, R 3090 sowie in der amerikanischen Ausführung BC 647. In den Anlagen für Hyper-bel-Navigation befinden sich Sprengsätze sowohl in Empfängern als auch in Anzeigegeräten. Sprengsätze wurden ferner festgestellt im Empfänger R 1324 sowie in den Anzeigegeräten Indikator Type 60, 60 A und 62. |
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Die Bergung der Geräte in unzerstörten Zustand ist von größter Bedeutung. Um die unversehrte Bergung sicherzustellen und Unfälle zu vermeiden, ist beim Ausbau der Geräte folgendes zu beachten: |
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Handauslöseschalter und automatische Schalter dürfen vor Ausbau der Geräte nicht berührt werden. |
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Die Stromzuführung zu den Sprengsätzen muß durch sofortiges Trennen der Anschlußkabel vom Gerät unterbrochen werden. |
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Nach Ausbau und Bergung des Gerätes sind die Sprengsätze sach-gemäß durch Fachpersonal aus dem Gerät zu entfernen. |
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Fehlerbe-
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290. |
In dem Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition, Blatt 8, wurden zwei Fehler festgestellt. |
1. Seite 4, Zeile 1 muß statt Natrium "Magnesium" stehen. | ||
2. Seite 7 u. 8 links unten |
Anfeuerungssatz aus | muß heißen: | Anfeuerungssatz aus | ||
Bariumnitrat |
Kaliumnitrat |
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Kaliumnitrat |
Bindemittel |
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Eisenoxyd |
Eisen |
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Aluminium |
Magnesium |
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Aluminium |
Einsatz
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291. |
Sowjetische Flugzeuge werfen vereinzelt deutsche Beutebomben ab. Als Zünder dient der mechanische Zünder AW 1 für allseitigen Aufschlag. Mit Hilfe eines Zwischenringes wird er durch die gewöhnliche Zünderbefesti-gung in der Zünderbuchse gehalten. Der Zünder hat ein anderes Windrad erhalten, so daß seine Entsicherung auch durch den seitlich vorbeistrei-chenden Luftstrom möglich ist. |
Bei Blindgängern ist ein vorsichtiger Ausbau des Zünders mit Hilfe deut-scher Zünderschlüssel möglich, jedoch sind die Bomben nach Möglichkeit am Fundort zu sprengen, da der Zünder AW 1 allseitig empfindlich ist. |
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Kennzeich-
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292. |
Soweit sich zur Zeit übersehen läßt, sind bei der us.-amerikanischen Luft-waffe folgende Bezeichnungen von Bomben und Granaten für Kampfstoff- und Brandfüllung üblich: |
Buchstaben- kennzeichen |
Amerikanischer Deckname |
Deutsche Bezeichnung |
Farbring- kennzeichnung |
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HS |
Hot Stuff |
Senfgas |
2 x grün | |
MI |
Mustard Imitator |
Lewisit |
2 x grün | |
ED |
Enemy's Delight |
Äthyl-Dichlor- |
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Arsin (dick) |
2 x grün | |
PS |
Punking Stuff |
Chlorprikin- |
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Nitrochloroform |
2 x grün | |
DP |
Di Phos |
Diphosgen |
2 x grün | |
CG |
Choky-Gas |
Phosgen (Car- |
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bonylchlorid) |
1 x grün | |
CN |
Cry Now |
Chloracetophenon |
1 x rot | |
CNS |
? |
CN gelöst in |
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Chloroform |
? | |
CA |
Cry Always |
Brombenzyl- |
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|
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cyanid |
1 x rot | |
DM |
Dirty Mixture |
Adamsit (Diphe- |
||
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nylaminchlor- |
||
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arsin) |
1 x rot | |
HC |
Harmless Cloud |
HC-Mischung |
1 x gelb | |
FS |
Fuming Spray |
Schwefeltrioxyd |
||
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+ Chlorsulfon- |
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|
|
säure |
1 x gelb | |
FM |
Floating Mantie |
Titantetrachlorid |
1 x gelb | |
DA |
Dopay Ache |
Diphenylchlor- |
||
|
|
arsin |
1 x gelb | |
WP |
White Phosphor |
Weißer Phosphor |
1 x gelb | |
TH |
The Heat |
Thermit |
1 x violett | |
CL |
Chlorine |
Chlor |
1 x grün |
Abwurf bri-
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293. |
Seit Mitte August 1943 tragen britische Freiballon neue Brandabwurfmittel. Unter dem Ballon hängt der gewöhnliche Höhenregler aus Weißblech mit Ballastflüssigkeit und darunter ein rechteckiger Weißblechkanister von 29 cm Höhe, 17 cm Breite, 11 cm Tiefe. Als Brandflüssigkeit dient eine Benzin-Kresol-Kunstharzmischung ohne Phosphor! Gesamtmenge der Flüssigkeit etwa 4 Liter. Gesamtgewicht des Kanisters etwa 4,5 kg. An einer schmalen Stirnseite befindet sich die Einfüllöffnung und daneben ein Zünderrohr mit einer Aufreißladung aus 30 g Schwarzpulver und 8 Anfeuerungstabletten. Die Anfeuerungstabletten bestehen aus 64 v.H. Kaliumnitrat, 18 v.H. Anti-montrisulfid, 18 v.H. Rohrzucker mit dextrinartigem Brandmittel. Die Schwarzpulverladung wird gezündet durch den allseitig empfindlichen Auf-schlagzünder Nr. 854, der in Abb. 210 des Belehrungsblattes Nr. 8 darge-stellt ist. Für die Verwendung im Brandkanister ist an dem Sicherungsstift eine 25 cm lange und 1,5 cm breite Leinwandfahne befestigt und um den Zünder herumgewickelt. Die Leinwandfahne wird durch eine übergeschobe-ne Weißblechkappe festgehalten, die mit einer Drahtgabel am Höhenregler befestigt ist, beim Abwurf des Kanisters am hängen bleibt und so den Zün-der entsichert. Der Zünder ist aus Bakelit gefertigt und sehr empfindlich, d.h. es genügt ein Fall aus etwa 59 cm Höhe, um ihn zum Ansprechen zu bringen. Es ist der gleiche Zünder, der auch für englische geballte Wurfla-dungen für Panzerbekämpfung Verwendung findet. |
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Brandmasse: |
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Der Inhalt des Kanisters an Brandflüssigkeit beträgt nicht ganz 4 Liter. Die Brandmasse besteht aus einer Mischung von Benzin und Kresol, die durch Kunstharz verdickt ist Sie enthält keinerlei Phosphorbestandteile (in früher herausgegebenen Kurzbeschreibungen wurde irrtümlicherweise auf Grund falscher Berichterstattung phosphorhaltiger Inhalt angegeben). |
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Ein Phosphorzusatz erübrigt sich, da die neuartige Zusammenstellung der Aufreißladung eine gute Durchzündung gewährleistet. Nach den bisher vor-liegenden Berichten werden die brennenden Fladen in etwa 20 m Umkreis verspritzt. |
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Behandeln von Blindgängern und Bergen gelandeter Ballone: |
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Bei blindgegangenen Kanistern ist der herausragende Bakelitzünder meist abgebrochen und die beweglichen Zünderteile fehlen. Die Reste des Zün-ders können dann gefahrlos herausgeschraubt werden, die Aufreißladung läßt sich herausnehmen. Sie wird geöffnet und durch Einschütten in Was-ser vernichtet. Der Inhalt des Kanisters kann nach Öffnen des Einfüllstut-zens ausgegossen und durch Abbrennen vernichtet werden. Ist der Zün-derkörper noch erhalten, z.B. bei gelandeten Ballonen, so ist bei der Ent-schärfung größte Vorsicht am Platze. Der Zünder ist mit einer Rohrzange unter Vermeidung jeglicher ruckartigen Bewegung vorsichtig auszuschrau-ben und von der Aufreißladung zu trennen. Durch Herausnehmen des ke-gelförmigen Gegenlagers, das durch vier fensterartige Aussparungen ge-kennzeichnet ist, können die beweglichen Einzelteile vorsichtig herausge-nommen werden. Das Zündhütchen im Zündhütchenträger ist durch Aus-glühen unschädlich zu machen. Das Schwarzpulver ist in Wasser einzu-schütten. |
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Brandbekämpfung: |
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Brände, die durch abgeworfene, ordnungsgemäß gezündete Kanister ent-standen sind, lassen sich mit Wasser und Sand leicht ablöschen. Da der Kanister keinen Phosphor enthält, sind irgendwelche Entgiftungsmaßnah-men oder Umgraben des betreffenden Geländes nicht notwendig. |
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