Belehrungsblatt 6 (Ziffern 134 bis 136)Belehrungsblatt 6 (Ziffern 143 bis 150)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition
Ausgabe B - Blatt 6
Behandlung feindlicher Lastfall-
schirme durch die Spreng- kommandos
137.

Es ist mehrfach vorgekommen, daß feindliche Lastfallschirme, die zur Ver-sorgung von Sabotageagenten abgeworfen wurden, als Blindgänger einer Fallschirmbombe gemeldet wurden. Das bergende Sprengkommando stellte dann fest, daß es sich um Sabotagematerial handelte, und hat dieses Ma-terial auf dem Dienstwege weitergeleitet. In solchen Fällen sind für die Ge-heime Staatspolizei unerwünschte Verzögerungen eingetreten. Der auf-sichtshabende Sprengtruppführer muß, sobald er die vermeintliche Bombe als feindlichen Abwurfbehälter erkennt, sofort über seinen Abwehroffizier den Einsatz der Geheimen Staatspolizei, veranlassen, damit an Ort und Stelle Nachforschungen nach den Empfängern, für die das Gerät bestimmt ist, angestellt werden können.

Warnauf-
schrift auf engl. Blitz- lichtbomben
138.

Rund um das Zündergewinde englischer Blitzlichtbomben befindet sich neu-erdings folgender Warnvermerk: "Danger – when ignited Flash explodes vio-lently" (= Gefahr ! Bei Entzündung des Blitzlichtes heftige Explosion!). Es wird deshalb nochmals auf Ziffer 48 des Belehrungsblattes 2 hingewiesen, nach der Blitzlichtbomben wie Sprengbomben zu behandeln sind.

Behandlung aufgegebener Bomben bei Bauarbeiten
139.

Gemäß L.Dv. 764 Ziffer 56–58 sind Bomben, deren Beseitigung aufgegeben oder bis nach Kriegsende verschoben wird, duch Warntafeln und einge-schlagene Markierungspfähle zu kennzeichnen. Werden jedoch an diesen Stellen Bauarbeiten notwendig, z.B. Straßenbauten, Bau von Gebäuden, Fundamenten, so sind die Bomben nach Möglichkeit vorher zu beseitigen. Würde infolge ungünstiger Bodenverhältnisse eine Beseitigung der Bomben einen zu großen Aufwand an Arbeit und Material erfordern, so kann die Bombe, falls nach ihrem Abwurf mehr als 3 Monate vergangen sind, unter-halb des Bauwerkes liegen bleiben. In diesen Fällen sind die Ausschach-tungsarbeiten unter Aufsicht eine Angehörigen des zuständigen Spreng-kommandos mit den gleichen Vorsichtsmaßnahmen wie bei Blindgängerbe-seitigungen vorzunehmen. Es ist nur bis zu der für die Bauarbeiten notwen-digen Tiefe auszuschachten. Wird bis dahin die Bombe nicht gefunden, so kann sie bedenkenlos liegen bleiben. Die Gefahr einer Detonation derartiger Bomben nach Ablauf von 3 Monaten besteht nach bisherigen Erfahrungen nur, wenn die Bomben stark erschüttert oder die Zünder durch Schlagen oder Quetschen beschädigt werden.

Nicht detonierte Bomben aus abgeschos-
senen Flugzeugen
140.

Gemäß L.Dv. 764 Ziffer 24 müssen nicht detonierte Bomben in oder an ab-geschossenen Flugzeugen wie Blindgänger behandelt werden. Da bei jedem Flugzeug, das abstürtzt, mit dem Vorhandensein von nicht detonierten Bomben gerechnet werden muß, bestehen besondere Gefahren für die Feuerlöschkräfte, die ein abgestürztes brennendes Flugzeug zu löschen haben. Stürzt ein Flugzeug in einen bebauten Ortsteil und besteht die Ge-fahr, daß Gebäude in Brand gesetzt werden oder daß die Brandstelle dem Gegner als Ansteuerungspunkt dient oder vom Gegner für ein Erfolgsfeuer gehalten und mit Bomben beworfen wird, so ist der Brand unter sparsams-ten Einsatz von Feuerlöschkräften sofort zu bekämpfen. Löscharbeiten bei abgeschossenen Feindflugzeugen in freiem Gelände sind im allgemeinen zu vermeiden. Erfahrungsgemäß brennt ein abgestürztes oder abgeschossenes Feindflugzeug bis zur Dauer von etwa drei Stunden. Mitgeführte Bomben, die meist unter dem Flugzeug oder in dessen unmittelbarer Nähe liegen, detonieren unter der Hitzeeinwirkung gewöhnlich erst nach einer halben bis zu anderthalb Stunden. Werden im Verlauf des Flugzeugbrandes Bomben durch Wasser gefühlt, so kann hierdurch nach den bisherigen Erfahrungen eine Detonation infolge Hitzeeinwirkung verhindert werden. Die zur Brand-bekämpfung eingesetzten Feuerlöschmannschaften müssen liegend oder kriechend hinter Deckungen ihr Gerät bedienen. Erfahrungsgemäß dringen die Bomben fast immer unter oder neben dem Flugzeug so weit ein, daß sie unterhalb der Erdoberfläche liegen. Ein bei der Brandbekämpfung liegender Mann befindet sich also schon in wenigen Metern Entfernung vom Flugzeug außerhalb des Wirkungsbereiches der aus dem Sprengtrichter herausflie-genden Splitter. Das Vorhandensein von Bomben konnte bisher fast immer an den abgerissenen Leitwerken, die meist im oder neben dem Flugzeug sichtbar waren, erkannt werden. Wenn es die örtlichen und zeitlichen Ver-hältnisse erlauben, sollen daher bei derartigen Brandbekämpfungsmaßnah-men die Angehörigen des Sprengkommandos unverzüglich zur Absturzstelle fahren. Da sie die Bomben auf Grund ihrer Erfahrungen leicht erkennen, können sie die Löschmannschaften dahingehend unterstützen, daß für eine sorgfältige Abkühlung der Bomben innerhalb der Flugzeugtrümmer gesorgt wird. Verschiedene Personenverluste bei der Detonation von Bomben unter brennenden Flugzeugtrümmern geben Veranlassung, auf die sorgfältige Ab-sperrung der Absturzstelle bis zum Eintreffen des Bergungskommandos des zuständigen Fliegerhorstes hinzuweisen.

Englische Bomben aus Steingut
141.

Bei der Untersuchung von Bombensplittern wurde festgestellt, daß die eng-lische Luftwaffe in einzelnen Fällen Brandbomben aus Steingut abgeworfen hat. Die genauen Gewichte und Abmessungen sind noch nicht bekannt. Schon seit längerer Zeit wurden in England Versuche mit Bombenhüllen aus Steingut gemacht. Eine Ausführung dieser Bomben hatte etwa die äußeren Abmessungen der GP 500 LB. Wahrscheinlich sind diese Bomben nur für Flüssigkeitsfüllungen, d.h. Brandmasse oder Kampfstoff, vorgesehen. Eine Füllung mit Sprengstoff würde die Hülle zu stark pulverisieren und ungenü-gende Splitterwirkungen ergeben.

Erfahrungen mit Blindgängern der Phosphor- brandbombe
14 kg
142.

Auch bei der Phosphorbrandbombe 14 kg (englische Bezeichnung: INC 30 LB) treten verhältnismäßig große Mengen von Blindgängern auf. Diese Bom-ben werden beim Aufschlag und Versagen des Zünders fast immer undicht. Da sie Phosphor enthalten, besteht bei undichten Blindgängern die Gefahr der Selbstentzündung der Brandmasse und damit die der nachträglichen Auslösung des Pulversatzes. Blindgänger, die sich in Gebäuden befinden und nicht sofort weggeschafft werden können, müssen daher von Zeit zu Zeit beobachtet werden. Sandabdeckung ist zweckmäßig.

Da in gewachsenem Boden die Einschläge der "INC 30 LB"- Bombe nicht ohne weiteres von Sprengbombenblindgängern zu unterscheiden sind, muß bei der Erkundung vorsichtig sondiert werden. Beim Herausziehen der Son-de bildet sich an der Sonde sowie im Erdloch der bekannte weiße Phos-phornebel. Nachdem dieser einwandfrei erkannt ist, kann eine etwaige Ab-sperrung aufgehoben werden. Die Sonde muß anschließend sorgfältig gerei-nigt werden, um zu vermeiden, daß die Phosphorreste, die sich an der Luft mit einer Schutzhaut überziehen, beim nächsten Sondieren zu Irrtümern Anlaß geben. Ergänzend zu Ziffer 126 haben sich beim Vernichten von INC 30 LB-Bomben noch folgende Erfahrungen ergeben:

Es ist zweckmäßig, mit der Spitzhacke zuerst ein großes Loch in die Kappe des Zünderhohlraumes und dann mindestens 6 Löcher von mehr als 10 mm Durchmesser in den Bombenkörper zu schlagen. Der mit dieser Arbeit Be-auftragte muß seine Augen vor etwaigen Spritzern durch eine Brille schüt-zen. Außerdem ist ein Eimer mit Waschwasser, Seife, Soda- oder Natronlö-sung und Verbandzeug bereitzuhalten.

Die Brandmasse entzündet sich bei Luftzufuhr und durch das Erwärmen des Bombenkörpers quillt sie aus den Löchern heraus. Eine genügende Anzahl von eingeschlagenen Löchern schützt vor plötzlichen auftretenden Druck und vor einem Herumspritzen der Masse.

Es ist darauf zu achten, daß die Bombenkörper beim Ausbrennen möglichst nicht auf dem Boden der Grube liegen, weil sie dann infolge ungenügender Erwärmung nicht restlos ausbrennen. Zweckmäßig ist es, einen Rost zu benutzen. Besonders bewährt hat sich hierfür ein Eisengitter, z.B. ein alter eiserner Gartenzaun, unter dem das Reisig abgebrannt wird. Dabei können 10 und mehr Bombenkörper nebeneinander ausgebrannt werden. Das Aus-brennen dauert etwa eine Stunde. Unter der Ziffer 126 ist handschriftlich zu vermerken "Siehe auch Ziffer 142".

Formände-
rungen an der
englischen
Flüssigkeits-
brandbombe
30 LB

142
a.

Die 30-LB Flüssigkeitsbrandbombe ist zuerst unter Verwendung der Bom-benhüllen englischer Kampfstoffbomben LC 30 LB hergestellt worden. Die neueren Lieferungen sind bereits unter Berücksichtigung des Einsatzes als Brandbomben vereinfacht worden. Statt der schweren Kopfplatte und der halbkugelförmigen Verkleidung aus Blech ist bei den neuen Bomben eine halbkugelförmige Stahlkalotte als Kopf an den zylindrischen Bombenmantel angeschweißt. Die neue Bombe entspricht also ihrem Aufbau der Flüssig-keitsbrandbombe LC 250 LB. Gleichzeitig wurde auch ein neuer Zünder ein-geführt, der wesentlich kleiner als der bisherige Aufschlagzünder Nr. 38 ist. Der neue Zünder hat die Baunummer 846 und wurde wahrscheinlich aus Werkstoffersparnisgründen entwickelt, denn er entspricht in seinem Aufbau und der Wirkungsweise dem bisher verwendeten Zünder Nr. 38.

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