Belehrungsblatt 8 (Ziffern 213 bis 215)Belehrungsblatt 8 (Ziffern 220 bis 224)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition
Ausgabe B - Blatt 8
Vernichtung
von Brand-
flaschen
216.

Die Vernichtung von Blindgängern abgeworfener Brandflaschen, die sich nicht mehr an dem Ballon befinden, kann auch durch Dienststellen der Wehrmacht und Polizei einschließlich Gendamerie durchgeführt werden.

Die Vernichtung ist wie folgt durchzuführen:

Die Brandflachenblindgänger sind in einer etwa 1 m tiefen Grube zwischen trockenes Papier, Heu oder Stroh zu legen und durch Werfen mit Steinen zu zertrümmern.

Vorsichtig vor Brandmassenspritzern und Phosphordämpfen.

Das Ausbrennen der Flaschen ist abzuwarten. Danach ist der Brandsatz zu befeuchten und die Grube zuzuschütten. Erfolgt nach einem Zeitraum von 10 Minuten nach dem Zertrümmern der Brandflaschen wegen Feuchtigkeit keine Selbstentzündung, so ist durch brennendes Papier, brennendes Heu oder Strohbüschel, die mit einer langen Heugabel in brennendem Zustand auf die zerbrochenen Flaschen gelegt werden, die Entzündung herbeizufüh-ren. Aufgefundene ausgebrannte Brandflaschenreste sind etwa 1 m tief einzugraben.

Funde von Brandflaschen, deren Anzahl und erfolgte Vernichtung sind dem zuständigen Luftgaukommando I a op 3 (LS) zu melden, damit eine Über-sicht über das gesamte Schadensbild im Luftgaukommando möglich ist. Nachgeordnete Dienststellen sind in diesem Sinne anzuweisen.

Festes Leit-
werk an der
englischen
Minenbombe
HC 2000 LB
(835 kg)
(Abb. 195)
217.

Wie bereits in Ziffer 160 angekündigt, wird die englische Minenbombe HC 2000 LB auch häufig mit einem festen Leitwerk an Stelle eines Bremsfall-schirmes abgeworfen. Dieses Leitwerk stellt eine zylindrische Verlängerung des Bombenmantels nach hinten dar, hat grünen Anstrich und ist aus 3 mm dickem Stahlblech gefertigt. Es ist hinten offen und hat einige seitliche Öffnungen, um mit Hilfe einer Luftwirbelbildung eine Bremswirkung zu erzie-len. Die gleiche Bombe kann auch mit Fallschirm angeworfen werden. Dazu ist der Fallschirm am Leitwerkteller befestigt. Es kann also bei Flugzeug-mustern mit kurzem Leitwerk unter Benutzung der Bajonettbefestigung das Leitwerk gegen die Fallschirmeinrichtung vertauscht werden.

Die Bombe erhält mit diesem Leitwerk eine wesentlich größere Endge-schwindigkeit als bei Abwurf mit Fallschirm, was für ihre Wirkung als Minen-bombe ungünstig ist. Die Gründe für den Einsatz des Fallschirmes durch dieses Leitwerk sind wahrscheinlich in einer besseren Zielmöglichkeit bei Abwürfen aus größerer Höhe zu suchen, da Fallschirmbomben eine sehr un-günstige Fallkurve haben. Blindgänger der HC 2000 LB mit diesem Leitwerk sind bisher immer mehrere Meter tief in den Boden eingedrungen und haben durch ihre mechanische Arbeit beim Eindringen Trichter von 2 bis 3 m Durchmesser gebildet, die von Nicht-Fachleuten häufig für Trichter von detonierten Bomben gehalten wurden (siehe Ziff. 208). Bei der Detonation der Minenbombe mit Leitwerk bilden sich infolge der hohen Endgeschwin-digkeit wesentlich umfangreichere Sprengtrichter als bei Abwurf mit Fall-schirm, da die Bombe vor ihrer Detonation in die Erde eindringt, bevor die Zündmittel ansprechen.

Engl. Frei-
ballone mit
Funkgerät
(Abb. 196, 196a
und 196b)
218.

Die englischen Freiballone, die bisher zur Beförderung von Brandflaschen, Brandsäcken und Stördrähten Verwendung fanden, fliegen neuerdings auch mit selbsttätig arbeitenden Funkgeräten, sogenannten Radisonden, in das Reichsgebiet ein. Der Ballon trägt unter seinem Füllventil den schon von früheren Beschreibungen her bekannten runden Höhenregler aus Weißblech mit Flüssigkeitsfüllung. Unter diesem Höhenregler hängt ein Weißblechzylin-der von 18 cm Durchmesser und 28 cm Höhe mit aluminiumfarbigem An-strich, der durch ein trichterförmiges Dach aus gummierter Leinwand gegen Regen geschützt ist. Im Innern des unteren Blechzylinders befindet sich die Funkeinrichtung. Als Antenne dient eine etwa 10 bis 15 m lange Kupferlit-ze, die über 2 Isolatoren hinausgeführt wird und vom Funkgerät senkrecht nach unten hängt. Jedes Gerät trägt eine drei- oder vierstellige Kennziffer mit einem großen lateinischen Buchstaben. Die Geräte, die nur für kürzer Flugzeiten innerhalb des englischen Gebietes bestimmt sind, haben eine isolierte Antenne, damit die bei Berührung von Hochspannungsleitungen keine Schäden anrichten, während die Geräte, die für größere Flugzeiten in das Feindesland vorgesehen sind, Antennen aus blanker Kupferlitze tragen. Die Geräte, die für Versuche innerhalb Englands dienen, haben einen An-hängezettel mit folgender Aufschrift:

   

"Five Shillings Reward. The above reward will be paid for the instrument if it is not tampered with. The finder is requested to put the instrument away in a safe place, and to write to THE SUPERINTENDENT, RADIO DE-PARTMENT, NATIONAL PHYSICAL LABORATORY. TEDDINGTON, MIDDLESEX, ENGLAND, stating where it was found. Instructions will be forwarded. Please state number of instrument."

    Auch diese Geräte treiben häufig nach Deutschland ein.
    Aufgabe, Aufbau und Wirkungsweise der Geräte.
   

Die Geräte enthaltenm in ihrem Innern einen Dreiröhrensender einschl. Heiz- und Anodenbatterie. Der Sender sendet einen gleichmässigen Dauer-ton aus, der in Bodennähe eine Tonhöhe von 1100 Hertz hat. Die Gräte können von England aus durch Peilung verfolgt werden und durch Verglei-che der verschiedenen Standortpeilungen wird ihre Marschgeschwindigkeit und damit die Windgeschwindigkeit in Deutschland ermittelt . Um auch festzustellen in welcher Höhe die Geschwindigkeit herrscht, ist ein barome-trischer Druckkörper eingebaut, der sich in Höhenluftschichten ausdehnt und die Induktivität eines Schwingungskreises verändert. Dadurch wird in größeren Höhen der erzeugte Pfeifton von 1100 Hertz geringer und geht bis auf etwa 700 Hertz herunter. Durch Ermittlung dieser Tonhöhe kann die je-weilige Flughöhe des Gerätes ermittelt werden. Der Sender selbst besteht aus drei Kreisen, von denen der erste den Pfeifton in Dreipunktschaltung erzeugt; die zweite Stufe dient zur Modulation der eigentlichen Senderöhre mit dem Pfeifton. Das ganze Gerät hat eine Strahlungsleistung in der An-tenne von etwa 0,5 bis 1 Watt und arbeitet auf der Frequenz von 5000 bis 5500 Kilohertz, d. h. mit etwa 60 m Wellenlänge. Die genaue Freqeunz in-nerhalb des vorgenannten Bereiches kann mit Hilfe eines von außen her zu-gänglichen Trimm-Kondensators durch einen Schraubenzieher eingestellt werden. Aus einer seitlichen Öffnung ragt ein Hartgummistab von 8 mm Durchmesser heraus. Durch Ausschrauben dieses Stabes wird die Heizbat-terie ausgeschaltet und die ganze Sendeanlage außer Betrieb gesetzt. Die Geräte sind bei der Bergung schonend zu behandeln und durch Herausdre-hen des vorgenannten Hartgummistabes außer Betrieb zu setzen. Versen-dung der Ballone an die Bauaufsicht der Luftwaffe bei der Auergesellschaft Oranienburg bei Berlin. Die Funkgeräte sind zu öffnen – hierzu muß der im Deckel des Gerätes vorhandene Antennenstecker herausgezogen werden – und der Hohlraum zwischen den drei Röhren und der Batterie ist mit Zei-tungspapier, Holzwolle o.ä. auszupolstern. Danach sind die Geräte gut ver-packte als Postpaket zum Versand zu bringen an:

    Reichsanstalt der Luftwaffe für Luftschutz, Berlin SW 29,
    Friesenstraße 16;
    Ballonzubehör ist zu senden an
    Die Bauaufsicht der Luftwaffe bei der Auergesellschaft,
    Oranienburg bei Berlin,
    damit eine Wiederverwendung der Einzelteile möglich ist.
   

Die Höhenregler sind neuerdings auch mit Brennspiritus als frostsicherer Ballastflüssigkeit an Stelle des bisher verwende-ten Leuchtpetroleums gefüllt.

Deutsche
Wettermeß-
ballone mit
Funkgeräten
(Abb. 197,198, 199, 200, 201,
202, 203, 204
bis 204e)
219.

Die deutschen Wetterdienststellen verwenden ebenfalls frei-fliegende Meß-ballone aus Gummi mit selbsttätig arbeitenden Funkgeräten. Um Verwech-selungen mit feindlichen Ballonen zu vermeiden, sind die deutschen Geräte durch haltbar befestigte Briefe mit entsprechender Aufschrift als solche gekennzeichnet. Die Abb. 197 bis 204e stellen die am häufigsten in Deut-schland verwendeten Geräte dar. Geborgene deutsche Geräte sind unver-züglich an die im Begleitbrief angegeben Anschrift zum Versand zu bringen. Der Finder erhält danach entsprechende Belohnung.

   

Vom deutschen Reichswetterdienst werden derzeit die folgenden aerologi-schen Geräte an freifliegenden Gummiballone verwendet:

    1. Die Radiosonde des RfW (Modell Lang), Abb. 204a,
    2. Der Wetter-Sende-Empfänger (WS 2), Abb. 204b,
    3. Der Quarzschreiber, Abb. 204c.
   

Abb. 204 c zeigt den Quarzschreiber in seine 2 Hauptbestandteile zerlegt; das eingentliche Gerät und den zylindrischen Strahlungsschutz.

   

Die beiden erstgenannten Geräte werden von den Stationen eines weitver-breiteten aerologischen Netzes täglich zu festgesetzten Zeiten unter Ver-wendung von freiliegenden, mit Wasserstoff gefüllten Gummiballonen von etwa 2 bis 3 m Ø gestartet. Sie dienen zur Gewinnung von vergleichbaren meterologischen Meßwerten (Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind) aus den höheren Luftschichten. Die Übertragung der gemessenen Werte geschieht mit Hilfe geeigneter kleiner Sender, welche den Geräten beigegeben sind und die Meßwerte in Form von einwandfrei erkennbaren Zeitzeichen ausstrahlen. Die Empfangsstationen nehmen die Zeichen auf und werten sie meterologisch aus.

   

Im folgenden werden die drei obengenannten Geräte im einzelnen kurz be-schrieben.

   

Zu 1: Ein im Aufstieg befindlicher Radiosendengespann ist in Abb. 204 d dargestellt. Es besteht aus dem Registrierballon, einem oberen 20 m langen Dipolantennendraht, dem eigentlichen Meßgerät (Radiosonde) in der Mitte, dem unteren 20 m langen Dipolantennendraht und einem kleinen Fallschirm. Die hauptsächlichsten Maße sind in die Abb. 204 d eingezeichnet. Die ei-gentliche Radiosonde in der Mitte des Gespannes enthält in einem durch-sichtigen Zelluloidgehäuse den meterologischen Meßteil und den kleinen Sender auf engstem Raum vereinigt. Die Anoden- und Heizbatterien für den Sender befinden sich in dem kleinen Pappkarton oberhalb, welcher mittels eines dreipoligen Steckers mit dem Gehäuse verbunden ist.

   

Zu 2: Das Gespann des Wetter-Sende-Empfängers ist in Abb. 204 e darge-stellt und besteht aus dem Registrierballon, einem etwa 20 m langen Halte-draht, einem Porzellanring, einem Fallschirm, einer 5 m langen Antenne und dem eigentlichen Meßgerät mit einer nach unten ragenden ½ m langen Stabantenne. Das zylindrische Kunststoffgehäuse enthält die notwendigen funktechnischen Einrichtungen und die Anoden- und Heizbatterien. Aus dem seitlichen Aufbau an den Zylinder ragt der meterologische Meßteil her-aus. Er gleicht dem entsprechenden Meßteil in der gewöhnlichen Radio-sonde.

   

Zu 3: Das Gerät nach Bild 204 f, der sogenannte Quarzschreiber, wird im Gegensatz zu den erstgenannten beiden Geräten nur zu Sondermessungen verwendet. Er tritt daher als Funkgerät stark in den Hintergrund.

   

Gemäß Abb. 204 f besteht das Quarzschreibergespann aus dem Registrier-ballon, dem Ausklinkfallschirm, einem 20 m langen Haltedraht und dem ei-gentlichen Gerät. Letzteres erscheint auf Abb. 204 f nur als Zylinder. Der Zylinder ist der Strahlungsschutz für das Gerät im Inneren (siehe Abb. 204 c). Letzteres besteht aus dem Quarzrahmen mit den darauf aufmontierten meterologischen Meß- und Registrierorganen. Der Quarzrahmen seinerseits ist innerhalb eines zylindrischen Metallrahmens federnd aufgehängt. Die äußeren Hauptabmessungen sind aus Bild 204 f ersichtlich.

    Behandlungsvorschrift für deutsche Geräte.
   

Die Behandlung von wiederaufgefundenen deutschen Meßballonen geht aus der kurzen Anweisung des jedem Gerät angehängten Finderbriefes klar her-vor. Demnach hat der Finder das Gerät sofort im vorgefundenen Zustande ungeöffnet, zusammen mit dem Ballon und sonstigem Zubehör, bei der nächsten deutschen Polizeistelle, im besetzten Gebiet erforderlichenfalls bei der nächsten deutschen Militärdienststelle abzugeben. Die Polizei- oder Militärdienststelle übergibt den Fund der nächsten Luftwaffendienststelle. Die Luftwaffendienststelle übersendet das Gerät an das Aeronautische Ob-servatorium des Reichsamtes für Wetterdienst in Lindenberg, Kreis Bees-kow. Von dort aus wird nach Prüfung des Gerätes die Auszahlung einer Be-lohnung an den Finder veranlaßt.

   

Handelt es sich um Geräte des Heeres, der Luftwaffe oder der Kriegsmari-ne, so ist dies aus den anhängenden Finderbriefen zu ersehen. Diese Ge-räte sind an die im Finderbrief angegebenen Dienststellen zum Versand zu bringen.

 

 

Die deutschen Ballone sollen nach einer bestimmten Zeit platzen und der obere Fallschirm soll die Meßgeräte unbeschädigt landen. Es kommt jedoch auch vor, daß die Ballone infolge unbeabsichtigten Gasverlustes mit ihrer Last gefüllt zu Boden sinken und Störungen an Hochspannungsleitungen verursachen. Sie sind dann schnellstens einzufangen und zu bergen. Bei der Bergung von Ballonen und Funkgeräten muß nachgeprüft werden, ob sich Hochspannungsleitungen in der Nähe befinden und ob die Antennen mit Hochspannungs- oder Fernmeldeleitungen Berührung haben. In diesen Fällen ist größte Vorsicht am Platze und die Bergung durch Fachpersonal der Kraftwerke oder der Reichspost vorzunehmen, damit Schäden an den betreffenden Anlagen vermieden werden. Durch sorgfältige Absperrung sind Unbefugte, insbesondere Kinder fernzuhalten.

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