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Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition

Ausgabe B
mit den Ziffern Nr. 158 bis 198
(ungekürzte Ausgabe)

Nur für den Dienstgebrauch !

Belehrungsblatt über Beseitigung
feindlicher Abwurfmunition
Blatt 7

Herausgegeben vom R.d.L. und Ob.d.L., Inspektion des Luftschutzes,
am 15. August 1942

Neue engl. Stabbrand-
bombe 1,7 kg
(INC 4 LB)
(Abb. 120 u.
121)
158.

Außer den bereits bekannten Stabbrandbomben mit und ohne Zerleger werden neuerdings auch solche, mit einer Sprengladung im Stahlkopf abge-worfen. Die 3 Arten sind in Abb. 120 dargestellt.

Beschreibung der neuen Stabbrandbombe mit Sprengkopf.

a) Äußere Form und Gewicht:

In der äußeren Form und im Gewicht unterscheiden sich diese Brandbom-ben nicht von den bisher üblichen Stabbrandbomben zu 1,7 kg.

b) Äußere Kennzeichnung:

Zur Unterscheidung von den früheren Stabbrandbomben ist die Stabbrand-bombe mit Sprengkopf durch hellroten Anstrich des Stahlkopfes und des Leitwerkdeckels gekennzeichnet. Ein weiteres eindeutiges Kennzeichen ist die an der Stirnfläche des Stahlkopfes erkennbare einzöllige Schraube mit Schlitz. Die unterschiedliche Farbkennzeichnung bisher bekannten Arten von Stabbrandbomben ergibt sich aus der in der Abbildung dargestellten Gegenüberstellung. Es muß aber damit gerechnet werden, daß der Gegner die Farbkennzeichnung zur Täuschung der Löschkräfte ändert. Ende Juli 1942 wurden Bomben mit Sprengkopf gefunden, die die gleiche Farbkenn-zeichnung wie die Zerlegerbombe hatten, jedoch fehlte der rote Anstrich des Leitwerkdeckels.

c) Aufbau:

Das Leitwerk, der Zünder, der Elektronmantel und die Art der Thermitfül-lung stimmen mit denen der bisher bekannten Stabbrandbomben überein. Der Stahlkopf ist nicht 85 mm, wie bei der einfachen Bombe, sondern 110 mm lang und ragt daher um 25 mm weiter in den Elektronmantel hinein, so daß die Gesamtlänge der Brandbombe erhalten bleibt, im Gegensatz zur bisherigen Ausführung mit 3 Rillen, ist der Stahlkopf mit flachem Gewinde in den Elektronmantel eingesetzt. Zur Aufnahme der Sprengladung ist der Stahlkopf in ganzer Länge mit 14 mm lichter Weite durchbohrt. In der Boh-rung des Stahlkopfes, der unten mit einer äußerlich sichtbaren Verschluß-schraube von 1 Zoll Ø abgeschlossen ist, befindet sich nach Zwischenlage einer Filzscheibe die Sprengladung von 71 mm Länge und 14 mm Ø. Die Sprengladung besteht aus Tetryl, das in 5 Preßlingen in Papierhülle einge-legt ist. 4 Preßlinge haben gleiches Gewicht (je 3 g) und gleiche Höhe von 13 mm, bei einem Durchmesser von 14 mm. Der oberste Preßling von 19 mm Höhe, 3,4 g Gewicht, trägt die Sprengkapsel mit Zündschnur. Das aus der Sprengladung hervorstehende Ende der Sprengkapsel steckt in einem Holzstopfen, der am oberen Ende mit einem Schwarzpulversatz von 1,1 g Gewicht, 5 mm Höhe und 13 mm Ø als Anfeuerungssatz verschlossen ist und mit dem oberen Ende des Stahlkopfes abschneidet. Unmittelbar über dem Stahlkopf sitzt in der Bohrung des Elektronmantels ein Brennsatz in einer Papphülse, der vermutlich die Aufgabe hat, die sichere Zündung der Sprengladung zu bewirken. Der Brennsatz besteht aus Preßlingen von Bariumnitrat, mit einem Bindemittel (Schellack), die je 11 g wiegen.

Bei der Brandbombenart, die auf dem rot gestrichenen Stahlkopf die Kenn-zeichnung "2 x" trug, waren 3 Preßlinge, bei der mit "4 x" gekennzeichneten Art 7 Preßlinge vorhanden.

Die übrige Bohrung des Elektronmantels ist mit 11 oder entsprechend weni-ger Thermit-Preßlingen ausgefüllt. Die Anord-nung des Zündsatzes vor dem Zünder ist die gleiche wie bei den normalen Brandbomben.

d) Bisherige Erfahrungen:

Soweit sich erkennen läßt, dienen die verschiedenen Aufladungen aus Ba-riumnitrat dazu, die Zeit vom Aufschlag bis zur Detonation in gewissen Grenzen einzustellen. Abbrandversuche haben ergeben, daß nach der De-tonation der Brandkuchen derartig zerrissen wird, daß zündfähige Reste nicht mehr übrig bleiben. Es wird also wahrscheinlich nur ein sehr geringer Prozentsatz der Stabbrandbomben mit dieser Sprengladung versehen wer-den, wobei bewußt in diesen Fällen eine Herabsetzung der Brandstiftungs-wirkung in Kauf genommen wird. Die umherfliegenden Stahlsplitter haben Hartholzwände von 20 bis 30 mm Dicke und Stahlplatten bis 8 mm Dicke glatt durchschlagen. Soweit sich bisher erkennen läßt, ist eine längere Brennzeit als 5 Minuten bis zum Eintritt der Detonation nicht zu erreichen. Es kann also nach Ablauf von 5 Minuten damit gerechnet werden, daß die abzulöschende Brandbombe keine Sprengladung enthält. In Fällen, in denen die Bekämpfung sofort einzusetzen muß, müssen die angreifenden Lösch-kräfte hinter Mauern, Schornsteinen, Pfeilern, Maschinen usw. Deckung nehmen und von dort aus die Wirkung der Brandbombe mit Wasser oder durch Werfen von Sand einzudämmen versuchen. Behelfsmäßige Schutz-schilde in der bisherigen Ausführung werden von den Stahlsplittern durch-schlagen und bieten keinen Schutz. Einzelne Sprengstücke haben die Grös-se einer halben Streichholzschachtel.

Die neuesten Untersuchungen der Zerlegerbrandbomben (mittlere Bombe in Abb. 120) ergaben, daß die Papphülse zur Aufnahme der Schwarzpulverla-dung durch eine Weißblechhülse mit einem eingedrückten Deckel ersetzt worden ist. Sie ergibt bessere Lagerfähigkeit und stärkere Knallwirkung. Außer den in Abb. 120 dargestellten 3 Baumustern wurde neuer-dings eine neue Ausführungsform, die die Bezeichnung "Mark IV/A" hat, gefunden (Abb. 121). Sie war im Juni 1942 gefertigt und zeigte weitere Werkstoff-einsparungen. Der in der Mitte der Abb. 120 dargestellte, in Spritzguß ge-fertigte Zünderkopf fällt zur Einsparung von Leichtmetall ganz fort. Der Zünder ist verkleinert und der Schlagbolzen wurde in einer Messinghülse untergebracht. Die Sicherung geschieht ebenfalls durch die Transportsi-cherung, d.h. einen von der Nachbarbombe eingedrückten Sicherungsstift. Jedoch ist die Hülse mit Schernasen weggefallen. Dafür hat der Schlagbol-zen an seiner Rückseite ein Kreuz aus dünnen Messingblech erhalten, des-sen Arme als Schernase wirken und den Schlagbolzen in seiner (hinteren) Ruhelage festhalten. Auch der Zündhütchenträger stellt nur noch eine dünne Platte dar. Trotz dieser Maßnahmen zur Werkstoffersparnis wurde die Empfindlichkeit des Zünders erheblich gesteigert, so daß nur noch we-nige Blindgänger auftreten. Wiederholt konnte in der letzten Zeit festge-stellt werden, daß der Schlagbolzen bei etwas seitlichem Aufschlag nicht ganz durchgeschlagen war, so daß das Zündhütchen noch nicht gezündet hatte. Obwohl die Bomben zuerst aus großer Höhe beim Angriff blindgegan-gen waren, genügte dann ein nochmaliger Fall aus 30–40 cm Höhe oder ein starke Stoß beim Verladen, um sie zur Entzündung zu bringen.

Es ist daher beim Sammeln, Sicherstellen, Verladen und beim Transport von englischen Stabbrandbomben in Zukunft be-sondere Vorsicht am Platze.

Darum:

Blindgegangene engl. Stabbrandbomben nicht werfen, unnötiges Hantieren vermeiden; in waagerechter Lage befördern; Unberufene fernhalten.

Infolge Formänderung der Transportkästen ist es jetzt möglich, in dem englischen Abwurfbehälter "SBC 250 LB" = "Small Bombs Container" insge-samt 90 Stabbrandbomben unterzubringen und gleichzeitig auszulösen. Früher enthielt dieser Behälter nur 3 Packungen zu 20 = 60 Bomben.

Der Thermit-Mischung und die Elektronhülse sowie der Stahlkopf haben die bisherigen Abmessungen behalten. Am Stahlkopf sind aber die Würgerillen fortgefallen. Wahrscheinlich wird der Stahlkopf mit seinem zylindrischen Zapfen einfach in die Bohrung des Elektronmantels hineingepreßt.

Einsatz von russ. Kriegs-gefangenen zur Blindgän-
gerbeseitigung
159.

Abweichend von den Bestimmungen der L.Dv. 764, Ziffern 16 b und 45, ist es zulässig, in den besitzen, ehemals russischen Ostgebieten zur Beseiti-gung von Blindgängern und Langzeitzündern kriegsgefangene Russen zur Ausgrabungsarbeiten heranzuziehen.

Neuerungen
an engl. Minenbom-
ben 835 kg
und 1800 kg
160.

Die engl. Minenbombe 835 enthält neuerdings an Stelle des Steuerfallschir-mes ein zylindrisches Leitwerk mit fensterarti- gen Durchbrüchen, wie es in ähnlicher Form bei der Bombe AT 9 LB (Abb. 98 a) und bei der U-Boot-bombe (Abb. 95 bis 96) verwendet wird. Die genauen Abmessungen konn-ten noch nicht ermittelt werden, jedoch dürfte die Länge etwa 1 bis 1,2 m betragen.

Im Bombenboden der Minenbombe 1800 kg befindet sich bei den neueren Fertigungen in der Mitte eine Verschlußschraube. Unter der Verschluß-schraube sitzt ein Holzpfropfen, der bis zur Übertragungsladung (Spreng-stoffmittelsäule) reicht. Wahrscheinlich füllt der Holzpfropfen einen Hohl-raum aus, der für einen später vorgesehenen zusätzlichen Bodenzünder be-stimmt ist. In der Nähe einer nicht völlig durchdetonierten Minenbombe 1800 kg mit grünem Anstrich wurden rote Schwammgummiplatten von 120 bis 140 mm Durchmesser und 10 bis 15 mm Stärke gefunden. Es konnte bisher noch nicht ermittelt werden, welche Munitionsteile mit Hilfe dieser Platten im Inneren der Bombe festgelegt werden. Entsprechende Beobach-tungen sind zu melden.

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