Belehrungsblatt 8 (Ziffern 216 bis 219)Belehrungsblatt 8 (Ziffern 225 bis 229)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition
Ausgabe B - Blatt 8
Kennzeich-
nung von nicht
detonierten
Bomben in
Wasserstraßen
(Abb. 205)
220.

Die L.Dv. 764 enthält keine Angaben über einwandfrei erkannte nicht deto-nierte feindliche Abwurfmunition in Wasserstraßen. Da jedoch beim Ankern von Wasserfahrzeugen Unfälle durch Langzeitzünderbomben vorgekommen sind, muß die Gefahrenstelle deutlich gekennzeichnet werden.

Das Vorhandensein nicht detonierter feindlicher Bomben läßt sich erfah-rungsgemäß nur bei Abwürfen am Tage, im Scheinwerferlicht oder bei Bom-bentreffern, bei denen die Bomben von Bauanlagen abgeprallt sind, oder bei gut sichtbarem Grund einwandfrei feststellen.

Einwandfrei festgestellte Blindgänger oder Bomben mit Langzeitzünder, die in Wasserstraßen oder Hafenbecken gefallen sind, sind durch Auslegen von Bojen und Schwimmbalken der Schiffahrt deutlich erkennbar zu machen und der voraussichtliche Gefahrenbereich hierdurch abzusperren. Der Si-cherheitsabstand soll möglichst 60 m betragen. Wenn verantwortbar (Lage des Blindgängers oder Langzeitzünders tief im Schlamm der Sohle) und für die Aufrechterhaltung des Schiffahrtsverkehrs unbedingt notwendig, darf der Sicherheitsabstand – soweit erforderlich – verkleinert werden.

Nach der vorgeschrieben Wartezeit (Ziffer 33 bis 35 L.Dv. 764) ist nur noch die Liegestelle der Bombe durch eine Sperrboje kenntlich zu machen.

Boje und Schwimmbalken erhalten weißen Grundanstrich mit roter Umran-dung mit der Aufschrift auf dem weißen Feld in schwarzer Farbe: "Blindgän-ger, Lebensgefahr! Abwurf am . . . . . . .".

Russischer
elektrischer
Zeitzünder
(Abb. 206)
221.

Es wurden Reste eines russischen elektrischen Zeitzünders gefunden, die jedoch noch keinen einwandfreien Rückschluß auf die genaue Wirkungswei-se erlauben. Die bisher bekannten Zünderreste sind in Abb. 206 mit der vermutlichen Schaltskizze dargestellt. Die russische Buchstabenkennzeich-nung des Zünders ist ebenfalls noch nicht bekannt. Wahrscheinlich handelt es sich um einen Heckzünder. Ob die angebrachten Zahlen Stunden, Minu-ten oder Sekunden bedeuten, konnte noch nicht einwandfrei geklärt wer-den.

    Vermutliche Wikrungsweise:
   

Durch die Wirkung eines Windrades, das sich im Luftstrom dreht, wird eine Glasampulle mit einer elektrolytischen Flüssigkeit zertrümmert. Diese Flüs-sigkeit saugt sich während des weiteren Fallweges der Bombe durch einen Docht hindurch und feuchtet ein Trockenelement an. Das Trockenelement besteht aus Zink und Silber, die durch eine Schicht aus Verbandmull getrennt sind. In trockenem Zustand ist das Element stromlos. Es erhält erst Spannung, wenn sich die Flüssigkeit (anscheinend Zinkchloridlösung) durch den Docht zum Verbandmull hindurchgesaubt hat und diesen an-feuchtet. Die Zeit, die die Flüssigkeit braucht, um bis zum eigentlichen Ele-ment vorzudringen, ist wahrscheinlich so bemessen, daß die Bombe nach dem Aufschlag bereits zum Stillstand im Erdboden gekommen ist, wenn das Element Spannung erhält. Um auch einen o.V.-Wurf zu ermöglichen, kann ein Absperrhahn geöffnet werden, der in offenem Zustand die Flüssigkeit unmittelbar in das Element laufen läßt, so daß das Element bei Ankunft der Bombe am Ziel bereits unter Spannung steht. Dieses Absperrventil ist je-doch innen eingebaut und der Zünder muß erst geöffnet werden, um eine Änderung der Ventilstellung zu ermöglichen. Die beiden Ventileinstellungen sind außen durch russische Aufschriften O und 3 gekennzeichnet.

   

Anscheinend wird auf elektrolytischem Wege eine Membran zerfressen. durch die dann die Flüssigkeit hindurchtritt und einen zweiten Stromkreis mit dem Zündmittel schließt und Detonation der Bombe bewirkt. Die Zeit, die zum Durchfressen der Membran notwendig ist, hängt von der Strom-stärke ab. Diese kann durch einen Vorschaltwiderstand geregelt werden. Durch Hineinschrauben der Zünderstellschrauben wird ein Teil des Wider-standes kurz geschlossen, die Stromstärke erhöht und so die Laufzeit ver-kürzt. Vor dem Auftreffen am Ziel liegt der Kontaktklotz noch nicht an der Kontaktschiene, so daß der Stromkreis unterbrochen ist. Geht eine Ampulle versehentlich zu Bruch, so kann das unter Spannung stehende Element keinen Schaden anrichten. In diesem Falle detoniert die Bombe wahr-scheinlich beim Aufschlag. Wie der Schaltvorgang bei o.V.-Würfen bewirkt wird ließ sich aus den Resten nicht erkennen. Da die bewegliche Hülse in eingeschobenem Zustande die Einbaulänge des Zünders APUW ergibt (Ge-winde ist das gleiche), muß vermutet werden, daß der Zünder unter Feder-druck eingebaut wird und die bewegliche Hülse durch Betätigung eines Schaltvorganges als Ausbausperre wirkt.

   

Bomben mit derartigen Zündern sind sicherzustellen und zwecks Bergung des Zünders mit Sondergeräten zu melden.

Russischer
Uhrwerk-
zeitzünder
TM 24 a u. b
(Abb. 207)
222.

Der russische Uhrwerkzünder TM 24 für 60 Sek. Laufzeit stellt eine Weiter-entwicklung des bereits früher beschriebenen Zünders TM 4 (Belehrungs-blatt Nr. 3, Abb 56) dar. Der Aufbau des Uhrwerkes ist im wesentlichen der gleiche, nur ist der Zeiger durch einen zweiten Sicherungsstift zusätzlich gesichert. Die Vorsteckergabel als Transportsicherung ist die gleiche wie beim TM 4.

   

Der erste Sicherungsstift, der den Zeiger in seiner Ruhelage festhält, wird durch eine Druckfeder gehoben, sobald die Bombe sich aus dem Gehänge löst und der Auslösedraht herausgezogen ist. Der Zeiger läuft dann einige Sekunden unter der Brücke entlang. Am Ende der Brücke ragt der zweite Sicherungsstift heraus. Dieser wird beim Abwurf erst mit Hilfe eines Wind-rades zurückgezogen. Das Windrad, dessen Form nicht genau bekannt ist, ragt in eine Ringnut mit Innengewinde in den Zünderkopf hinein. Dabei drückt es eine Kugel, die unter einem Stück Plexiglas sitzt, zur Seite. Diese Kugel drückt ihrerseits den zweiten Sicherungsstift in den Zünder hinein. Beim Abwurf schraubt sich, während der Zeiger des Zünders bereits unter der Brücke läuft, das Windrad heraus. Der unter Federdruck stehende zweite Sicherungsstift wird durch Ausweichen der Kugel in die freigewor-dene Ringnut frei-gegeben und steigt nach oben. Dadurch kann der Zeiger ohne Hemmung im Innern des Zünders weiterlaufen, bis die eingestellte Laufzeit abgelaufen ist. Diese doppelte Sicherung durch Stifte hat folgen-den Zweck:

   

Der Zünder wird beim Abwurf durch Herausziehen eines Sicherungsdrahtes unverzüglich in Tätigkeit gesetzt und fängt unter der Brücke an zu laufen. Der alte Zünder TM 4 konnte unter diesen Verhältnissen ablaufen und die Bombe zur Detonation bringen, auch wenn sie sich im Bombenschacht ver-klemmt hatte oder im Bombenlager der Vorstecker herausgezogen wurde. Bei dem neuen Zünder kann unter diesen Verhältnissen der Zeiger nur bis zum zweiten Sicherungsstift laufen und bleibt noch unter der Brücke ste-hen. Andere russische Zeitzünder werden erst durch die Drehung des Windrades in Tätigkeit gesetzt. Hierbei ergibt sich eine Ungenauigkeit vom Augenblick des Auslösens bis zum Zeitpunkte der entsprechenden Drehzahl des Windrades. Diese Ungenauigkeit fällt bei dem neuen Zünder, der durch Herausziehen des Drahtes beim Auslösen der Bombe sofort in Tätigkeit tritt, fort.

    Behandlung von Blindgängern:
   

Dieser Zünder wurde bisher nur zur Zündung von Blitzlicht- und Leucht-bomben und zur Zündung des Treibsatzes bei Raketenbomben verwendet. Obwohl er keinerlei Ausbausperre hat und leicht abgeschraubt werden kann, ist es zweckmäßig, Blindgänger zu sprengen, da beim Abschrauben die Gefahr des Ingangsetzens des Uhrwerkes besteht.

   

Ausführung TM 24 a ist sprengkräftig, Ausführung TM 24 b ist nicht sprengkräftig.

Engl. Heck-
zünder Nr. 30
(Abb. 208)
223.

Der englische Heckzünder Nr. 30 ist ein einseitig wirkender Aufschlagzünder mit Windradentsicherung. Er stellt eine Verbesserung des Zünders Nr. 28 dar. Im Aufbau und Wirkungsweise sowie in den größeren Abmessungen gleicht er vollkommen dem Zünder Nr. 28. Die Schlagbolzenspitze ist jedoch nach vorn verlängert und hat eine dünne spitze Ausführung, während der Zünder 28 eine kurze, nahezu abgerundete Schlagbolzenspitze besaß, die die Zündhütchen häufig nicht genügend angeschlagen hat.

    Äußere Kennzeichnung:
   

Der Zünder Nr. 30 gleicht in seiner äußeren Form dem Langzeitzünder WeCo und hat dieselbe ringförmige Einkerbung, durch die die Kordelung zum Anfassen des Zünders beim Einschrauben unterbrochen ist. Zur Unter-scheidung vom Zünder WeCo hat die Ringnut in ihrer Einkerbung einen grü-nen Anstrich. Bisher wurde dieser Zünder nur bei Bomben GP 1000 LB und GP 1900 LB gefunden. Bei den Meldungen über den Einsatz des Langzeit-zünders WeCo bei Bomben 1000 LB und 1900 LB mit grünem Farbring han-delt es sich also offensichtlich um Verwechselungen mit dem Zünder Nr. 30. Langzeitzünderbomben mit größerem Kaliber als 500 LB sind demnach also noch nicht aufgetreten.

   

Bei nicht detonierten Bomben genügt es aber nicht, wenn der grüne Ring erkannt wird, die Bombe als AZ-Bombe anzusprechen, da es auch denkbar ist, daß der Gegner seinen Langzeitzünder WeCo durch einen solchen Ring tarnt. Es ist vielmehr notwendig, auch die Tiefe der Ausdrehung zur Auf-nahme der Entsicherungsschraube zum Vergleich hinzuziehen, da der Zün-der 30 nur eine flache Ausdrehung, der Zünder WeCo dagegen eine tiefe kerbförmige und der Zünder 28 gar keine Ausdrehung im gekordelten Teil hat.

Engl. Kopf-
zünder Nr. 33
(Abb. 209)
224.

Der englische Zünder 33 ist ein einseitig wirkender Kopfzünder mit Scher-drahtsicherung und Entsicherung durch Herausziehen eines Sicherungs-splintes mit Hilfe eines Fallschirmes. Der Zünder entspricht in seinem Auf-bau dem Kopfzünder Nr. 29 und wurde bisher nur bei der Splitterbombe GP 40 LB mit Bremsfallschirm verwendet.

    Aufbau und Wirkungsweise:
   

Im Zünderkörper aus Messing befindet sich ein Schlagbolzen mit Aufschlag-teller und einem Scherstift als Sicherung. Über dem Aufschlagteller befin-det sich eine Sicherungskappe, die durch eine kegelförmige Druckfeder nach vorn weggedrückt. Als weiters Sicherungselement sind zwei Messing-segmente von zwei Seiten unter den Aufschlagteller geschoben und halten dabei gleichzeitig die Sicherungskappe fest. Die beiden Segmente sind auf einer Bandfeder festgenietet. Die Bandfeder ist in entspanntem Zustand langgestreckt und hat an ihren Enden Messingösen, durch die der Siche-rungssplint hindurchgestreckt wird. In gesichertem Zustand legt sich die Bandfeder um die Sicherungskappe herum und hält dabei die Segemente in der Sicherungskappe fest. Vor Beladen des Flugzeuges wird noch zusätz-lich ein Splint mit Anhängeschild durch die Ösen der Sicherungsfeder hin-durchgestreckt (Transportsicherung).

 

 

Beim Abwurf der Bombe wird durch den Staudruck im Luftstrom der Fall-schirmdeckel herausgerissen. Danach zieht sich der Fallschirm heraus und über ein dünnes Drahtseil, das außen an der Bombe entlangläuft, wird der Sicherungssplint aus dem Federband herausgerissen und dabei springt das Federband mit den beiden Segmenten vom Zünder ab. Dadurch wird die Zünderkappe entriegelt, springt unter der Wirkung ihrer kegeligen Druckfe-der ebenfalls nach vorn und der Zünder ist entsichert. Statt eines Scher-stiftes hält bei diesem Zünder eine 0,10 mm dicke Kupferscheibe den Schlagbolzen fest. Der Zünder wird nur mit o.V.-Detonator geworfen und läßt sich leicht ausbauen.

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