Belehrungsblatt 7 (Ziffern 158 bis 160)Belehrungsblatt 7 (Ziffern 164 bis 169)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition
Ausgabe B - Blatt 7
Neuer 14 kg
Phosphor-
bombe
(INC DY
30 LB)
(Abb. 122)
161.

Seit einiger Zeit kommt eine neue englische Phosphorbombe zum Einsatz. Sie ähnelt im grundsätzlichen Aufbau der bisher bekannten 30 LB-Bombe, weist jedoch folgende Unterschiede auf:

a) Bombenkörper:

Es wird nicht mehr die Hülle der Kampfstoffbombe LC 30 LB verwendet, sondern eine in der Massenfertigung einfacher herzustellende Form, die gleichzeitig eine gewisse Einsparung von Werkstoff ermöglicht. Der Kopf besteht nicht mehr aus einer schweren Stahlscheibe, sondern an die zylin-drische Bombenwand ist eine Stahlblechkalotte angeschweißt. In dieser Stahlblechkalotte ist die Zünderbuchse eingebaut und vorn durch eine ab-gerundete Verschlußschraube verschlossen. Der Zünder sitzt dadurch ge-schützt im Innern der Bombe. Durch diesen Umbau werden das Fassungs-vermögen der Bombe vergrößert und die ballistische Form und damit Durch-schlagskraft und Endgeschwindigkeit verbessert. Der Zünder hat wie bisher 35 Gramm Schwarzpulver als Ausstoßladung. Der Zünder selbst hat die Baumusterbezeichnung No. 846. Seine grundsätzliche Wirkungsweise ist die gleiche wie der Zünder Nr. 38.

Nur die Transportsicherung für den Bahnversand bis zum Beladen des Flug-zeuges ist anders. Diesem Zwecke dient ein herausschraubbarer Siche-rungsstift. Gleichzeitig wurde durch Verkleinerung und seitliche Aussparun-gen eine erhebliche Menge Messing eingespart.

b) Die Brandmasse:

Während die bisher bekannte Phosphorbombe Benzin als Brandmittel, Roh-kautschuk als Quellkörper und Phosphorschwefelmischung als Zündmittel hatte, enthält die neue Bombe als Brandmittel Rohbenzol, als Quellkörper wird an Stelle des Rohkautschuks eine Kunstharzmasse verwendet. Es han-delt sich um Polymethacrylsäureester, eine weißliche, klebrige, dem ge-quollenen Rohkautschuk ähnliche Masse. Sie entstammt einer Kunststoff-gruppe, in die u.a. auch das Plexiglas gehört. Als Zündmittel wird gelber Phosphor in fester Form verwendet. bei den bisher untersuchten Bomben war, die Phosphormasse rund um den Zünder in der Bombenspitze vorhan-den. Ob der Phosphor eingegossen worden ist oder sich durch Entmischung dort eingelagert hat, konnte nicht ermittelt werden. Ein Teil des Phosphors war im Quellkörper vorhanden. Anscheinend soll durch die Pulvergase der Austreibladung der Phosphor zerstäubt und in die Brandmasse hineingebla-sen werden. Die bisherigen Untersuchungen haben folgende Zusammenset-zung der Brandmasse ergeben.

 

Benzol, frei

2100 g

=

58,00 %

 

Benzol als Quellmittel

650 g

=

18,00 %

 

Quellkörper

225 g

=

6,25 %

 

Phosphor, frei

600 g

=

16,60 %

 

Phosphor in Quellmasse

25 g

=

0,70 %

 

insgesamt:

3600 g

=

100,00 %

An Gesamtinhalt sind demnach vorhanden:

 

Benzol

76,34 %

=

2750 g

 

Phosphor

17,40 %

=

625 g

 

Quellkörper

6,20 %

=

225 g

Vergleich zwischen alter und neuer Brandbombe
INC 30 LB

Die bespritzte Fläche und die ausgestoßene Flüssigkeitsmenge sind gleich groß, jedoch verpufft bei der neuen Brandbombe ein großer Teil des Ben-zols beim Ausstoßen. Die Zündfähigkeit der herausgestoßenen Masse ist etwas geringer, da die Durchmischung mit Phosphor unvollkommener ist und die weiter fortgeschleuderten Teile aus dem Heckteil der Bombe nur sehr wenig Phosphor enthalten.

Es wurde weiterhin festgestellt, daß einzelne Lieferungen der Bomben an-dere chemische Zusammensetzungen der Brandmasse enthielten. In einigen Fällen war sogar eine andere Kunstharzmasse als Quell körper verwendet. Der prozentuale Anteil dieser Masse war höher, so daß die gesamte Benzol-menge aufgesaugt war und die Bombe keine flüssigen sondern nur zähflüs-sige Bestandteile enthielt. Aber auch bei diesen Bomben war der Phosphor in der Bombenspitze enthalten, während die zähflüssige Masse keinen Phosphor enthielt. Die oben angegebene zahlenmäßige Zusammensetzung ist daher nicht allgemein gültig für sämtliche Bombenlieferungen. Die Brand-bekämpfung und Säuberungsmaßnahmen bleiben jedoch die gleichen wie bei den früheren Bomben mit Phosphor-Benzin-Rohkautschukfüllung.

Neue Ausfüh- rung engl. Brandplätt-
chen
(Abb. 123)
162.

Außer den schon früher bekannten, in Abb. 123 oben, dargestellten engli-schen Brandplättchen, die unter Verwendung von Zelluloid und Rohgummi hergestellt waren, wurden kürzlich zwei weitere Muster, die unter Einspa-rung von Gummi hergestellt waren, abgeworfen. Das eine ist rund mit 110 mm Ø, das andere rechteckig 95 x 120 mm. Sie sind in Abb. 123 unten dargestellt. Auf die Zelloluidplättchen ist unter Verwendung einer Zwi-schenlage aus Gewebe (Verbandmull) eine Gummiplatte aufgeklebt. Leider erfolgt der Einsatz dieser Brandplättchen an einem sehr warmen Tage, so daß sämtliche mit Ausnahme der beiden abgebildeten Plättchen verbrannt sind. Die beiden "Blindgänger" entstanden dadurch, daß bei diesen die Phosphorladung vergessen wurde oder sich von selbst abgelöst hat. Es ist daher nicht bekannt, an welcher Stelle die Phosphorpille befestigt ist und welche Form das eigentliche Zündmittel hat. Das Zündmittel ist aber wahr-scheinlich ebenfalls eine Phosphorpille, die in Mull eingewickelt und aufge-klebt oder aufgeheftet wird. Die Brandwirkung ist infolge der Einsparung von Rohgummi wegen der dadurch verkürzten Abbrennzeit geringer als bei den früheren Brandplättchen, bei denen die Gummischeibe größer war.

Engl. Brand- flasche 300
cm³
(Abb. 124 u.
125)
163.

Die in Abb. 124 dargestellte Brandflasche wurde Ende Juli 1942 in verschie-denen Gegenden des Reichsgebietes abge worfen. Die Fundumstände las-sen vermuten, daß der Abwurf auch durch freifliegende Ballone geschieht. Der Inhalt der Flasche stellt eine Art "Molotow-Cocktail" unter Zusatz von Rohgummi dar und ähnelt in seiner Zusammensetzung dem Inhalt der Phos-phorkanister. Die Flasche wiegt 770 g, die Flüssigkeit 333 g.

    Inhalt der Brandflasche:
   

Die einzelnen Lieferungen und Fertigungen unterscheiden sich hin sichtlich des mengenmäßigen Anteiles der drei verschiedenen Flüssigkeiten (vermut-lich Ungenauigkeiten bei der Laborierung, die jedoch belanglos sind).

Das Gesamtgewicht der Flüssigkeit beträgt etwa 333 g. Da-von entfallen

 

auf die untere Zündflüssigkeit

 

etwa

220 g

 

auf die mittlere

 

etwa

13 g

 

auf die obere

 

etwa

100 g

Die Zusammensetzung der einzelnen Flüssigkeitsschichten wurde wie folgt festgestellt:

a) untere Flüssigkeitsschicht (Zündflüssigkeit):

 

90,2 %

Phosphor

 

8,8 %

Schwefel

 

1,0%

Sauerstoff, Benzol, Feuchtigkeit und Verunreini- gungen

Die Flüssigkeit entzündet sich an der Luft bei der Berührung mit organi-schen brennbaren Stoffen.

b) mittlere Flüssigkeitsschicht:
   

Benzol mit einer Dichte von 0,85 bis 20° C (brennt mit stark rußender Flamme)

   

c) obere Flüssigkeitsschicht (zähflüssige, gequollene Brandmasse)

  87,5 %

Benzol (Spezifisches Gewicht: 0,85 bei 20° C; Siedebereich: 78–160° C) und

  9,0 % Kautschuk.

Außerdem nimmt diese Brandmasse einen Teil der Zündflüssigkeit in sich auf, so daß der Rest von 3,5% aus 3,2% Phosphor und 0,3% Schwefel be-steht. Der Phosphor ist daher zum Unterschied gegenüber den früher be-schriebenen Brandmassen nicht in Form von kleinen Stückchen eingebet-tet, sondern äußerlich nicht erkennbar darin enthalten.

Die einzelnen Schichten entsprechen demnach hinsichtlich ihrer Zusam-mensetzung den bisher bekannten, in Kanistern und Flüssigkeitsbrandbom-ben benutzten Brandmischungen aus Phosphor, Schwefel, Benzol und Roh-kautschuk.

Die Abbranderscheinungen ähneln denen der 30 LB-Phosphorbrandbomben. Die Abbrenndauer beträgt knapp 1 Minute. Die Bekämpfung mit den übli-chen Löschmitteln, Wasser und Sand, ist ohne Schwierigkeiten möglich. Der Inhalt der Brandflasche ist sehr dünnflüssig, so daß mit dem Eindringen in Fugen und Ritzen gerechnet werden muß. Auf die Giftigkeit der Brand-masse wird hier nochmals hingewiesen.

Aufbau und Wirkungsweise:

Eine 300 cm³ Flüssigkeit fassende Glasflasche mit Kronenkork-Verschluß dient zur Aufnahme der Brandflüssigkeit. Über dem Kronenkork befindet sich in einer aufgeschobenen Blechhülse eine Eisenkugel. Durch den Druck auf die Mitte des Kronenkorkes öffnet sich der Verschluß. Beim Abwurf der Fla-sche dient ein Leinwandband zur Stabilisierung der Flugbahn. Gleichzeitig hält es durch einen dünnen Bindfaden die Kugel im Oberteil der Blechhülse fest. Beim Aufschlag wird, falls die Flasche auf weichen Untergrund fällt und nicht zerschellt, durch den Aufprall der Kugel auf den Kronenkork die-ser geöffnet und die Flüssigkeit durch den Luftzutritt entzündet.

Der Abwurf aus Flugzeugen geschieht aus Blechbehältern, in denen je 7 Flaschen untergebracht sind. Der gleiche Behälter (s. Abb. 125) wurde auch an Freiballonen aufgehängt gefunden. In diesen Fällen waren die Be-hälter jeweils mit einer Höhendruckdose versehen, die ein selbsttätiges Öffnen des Behälters nur in bestimmter Flughöhe gestattet. Eine unbeab-sichtigte vorzeitige Öffnung des Behälters wird durch eine Verbindung mit dem Glimmluntensystem des Behälters verhindert. Es liegt die Vermutung nahe, daß auch Einzelabwurf von Brandflaschen in ähnlicher Weise wie der Flugblattabwurf (s. Abb. 81, Ziff. 136 a) vorgenommen wird, indem die Hal-tebindfäden der Flasche noch über das Leinwandband hinaus verlängert und durch die Gummilunte hindurchgeführt werden.

Offensichtlich dient das Gerät zum Einsatz gegen Wälder oder reife Getrei-defelder.

Beim Aufschlag der Flaschen wurden 6 bis 8 m hohe Stichflammen beob-achtet, Blindgänger sind daher mit entsprechender Vorsicht zu behandeln. Die Vernichtung der Blindgänger ist nach den für die Vernichtung von Phos-phorkanistern angegebenen Sicherheitsbestimmungen vorzunehmen.

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