Die Luftschlacht um England 1940/41 und "Seelöwe" - Vorbereitungen bis Die Vorbereitungen für einen OstfeldzugRückblick auf die Leistungen der deutschen Rüstungsindustrie 1942 - 1944
Der Munitionsverbrauch im 2. Weltrkieg
II. Der Munitionsverbrauch im operativen Rahmen
Der Munitionsverbrauch im Osten 1941 - 1945

Seit Ende 1941 war die Front im Osten zweifelslos der Kriegsschauplatz, dem infolge der Größe des kriegerischen Geschehens und seiner nicht abzusehenden Dauer die größte Be-deutung innerhalb der Feldzüge und Kampfhandlungen des 2. Weltkrieges zukommt.

Hier gewinnt das Zusammenspiel von Produktion, Verteilung und Bedarf an Munition seine oft schlachtentscheidende Bedeutung.

Im Abschnitt über die Kriegsproduktion wurden bereits die Schwierigkeiten aufgezeigt, mit denen die deutsche Industrie zu kämpfen hatte. Einerseits lagen sie im Anlauf der Pro-duktion zu Beginn des Krieges und später bei der Entwicklung und Einführung neuer Waf-fen. Andererseits haben später Mangel an Rohstoffen und die Einwirkungen des Bomben-krieges weiter große Einschränkungen und Schwierigkeiten bedingt, so daß die von den verantwortlichen Stellen gefaßten Pläne und Vorausberechnungen zeitlich und mengen-mäßig fast nie eingehalten werden konnten.

Bevor nun auf den Munitionsverbrauch im Osten eingegangen wird, ist eine Übersicht über die Höhe der Produktion von Munition in den Jahren 1940 bis 1944 deshalb interessant, weil sie die Grundlage für die Möglichkeit des deutschen Heeres gibt, seine Waffenwirkung zur Geltung zu bringen.

 

1940

1941

1942

1943

1944

Gew. u. Pist.Mun/Mrd. Stück 2.95 1.34 1.34 3.17 5.38
übr. Inf.Waff.Mun/Mill. St. 29.4 19.7 40.0 118.4 170.6
l.Flak u. Bordmun./Mill. St. --- 77.- 130.- 196.- 263.-
Artl.Mun. ab 7.5 cm/Mill. St. 27 27 57 93 108
Munitions insgesamt/1.000 t 865 540 1270 2558 335018)

Den Munitionsverbrauch bis auf den letzten Schuß festzustellen, ist bei der Größe der Kampfhandlungen im Osten 1941 bis 1945 nicht möglich. Die Truppe, die im harten Kampf mit dem Feind steht, hat nartürlich nicht die Möglichkeit, jeden einzelnen Schuß zu regis-trieren, der die Mündung verläßt. Auch Munitionsverluste werden unter "Verschuß" als Verbrauch gemeldet. Schließlich ist der begreifliche Drang der Truppe, immer über eine ausreichende Munitionsmenge zu verfügen, besonders bei sogenannter Mangelmunition, der Grund für manchmal etwa veränderte (frisierte) Munitionsverschußmeldungen gewe-sen. General Toppe, als wohl zuständigster Fachmann, bezeichnet die daraus sich even-tuell ergebenden Fehlerquellen aus der Erfahrung mit "bis zu 10%". Die ordnungsgemäß gemeldeten Munitionsverluste, durch Kampfverlauf oder Feindeinwirkung hervorgerufen, sind dabei nicht inbegriffen.

Die "Gruppe Munition" der Dienststelle des Generalquartiermeisters des Heeres im OKH hat den monatlichen Verbrauch an Munition auf Grund der laufenden Truppenmeldungen ge-nau registriert. (ANLAGE 12) Eine Gegenüberstellung dieser Gesamtübersicht des Muniti-onsverbrauches im Osten aus den Unterlagen der "Gruppe Munition" mit den Zahlen, die General Toppe in seiner Arbeit über den Munitionsverbrauch im Rußlandfeldzug angibt, (ANLAGE 13) weist Differenzen auf. Sie haben ihre Begründung darin, daß die Zahlen, der "Gruppe Munition" den Gesamtverbrauch an der Ostfront einschließlich aller Munition für Beutegeschütze, auch wenn diese aus einer Fertigung der verbündeten Armeen stammt, beinhaltet, während General Toppe nur die Zahlen des Verbrauches von Munition deut-scher Fertigung angibt, allerdings auch wenn diese von den der Deutschen Wehrmacht verbündeten Streitkräften verschossen wurde.19)

Wenn der Generalquartiermeister des Heeres am 31. Juli 1941 zum ersten Mal einen Ge-samtverbrauch von 113.458 t Munition festgestellt, für deren Transport insgesamt 252 Munitionszüge zu je 450 t erforderlich waren, so ergibt sich rechnerisch ein Tagesdurch-schnitt von 2.840 t für den Zeitraum vom 22.6.1941 bis 31.7.1941. Diese Zahl liegt also rund bei der 1 1/2fachen Menge, die als erste Munitionsausstattung für die "Barbarossa-Verbände" vom deutschen Generalstab geplant war.

Tatsächlich sind nach der Kräftegliederung vom 22.6.1941 zum Einsatz gekommen:

119

InDivisionen (in dieser Zahl sind auch die Gebirgs- und Jägerdivisionen, sowie die Sicherungsdivisionen enthalten.)

19 Panzerdivisionen
15 motDivisionen
1 Kavalleriedivision
1 motBrigade
9

rumänische Verbände (wurden nur mit Munition für Waffen aus deutscher Fertigung beliefert.)20)

Zu diesem Zeitpunkt, also bei Beginn des Rußlandfeldzuges, betrug die erste Munitions-ausstattung einer InfDivison 600 t, einer Panzerdivision 730 t und einer motDivision 560 t. Das ergibt also eine tatsächliche Gesamtmunitionsmenge von rund 91.000 t als erste Mu-nitionsausstattung aller deutschen Angriffsverbände im Osten am 22.6.1941.

Die Führungsabteilung der Heeresgruppe Nord hatte außerdem 27.803 t Munition zusätz-lich für den ersten Nachschub ihrer 28 Angriffsdivisionen ausgelagert.21)

Es würde zu weit führen, wenn nun im Einzelnen die Maßnahmen und Schritte behandelt werden sollten, die der Generalquartiermeister laufend, besonders nachdrücklich aber in den monatlichen Vorträgen beim Chef des Generalstabes über die Beurteilung der Versor-gungslage für die Besserung der Erzeugungs-, Vorrats- oder Nachschublage einzelner Mu-nitionssorten gemäß dem Bedarf des Feldheeres unternommen hat. Auf einige dieser Vor-tragsnotizen sei aber hingewiesen.

Erstmalig wurde auch auf die Reichweite der Munitionsbestände im Nachschubvorrat, wie man ihm zwei Monate nach Beginn des Rußlandfeldzuges im OKH beurteilt hat, Ende Au-gust 1941 eingegangen. Als Maßstab wurde der festgestellte Verschuß vom 22.6.1941 bis 31.7.1941 als Monatsdurchschnittsverbrauch angenommen, man setzte jedoch voraus, daß der Krieg im Osten noch im Jahre 1941 beendet würde. (ANLAGE 3)

Hier ist noch zu bemerken, daß in den dieser Planung zugrundeliegenden Zahlen lediglich der Bestand in den Heeresmunitionsniederlagen enthalten ist. Für die Gesamtbeurteilung muß noch der Zulauf aus der Fertigung, die Bestände, die auf dem Nachschubwege zur Front waren und die Vorräte hinter der Truppe berücksichtigt werden. Beispielsweise wa-ren am 26.7.1941 nachstehende Munitonsmengen bereits zur Verfügung der Truppe z.B. bei der Heeresgruppe Nord:

2 erste Ausstattungen bei den Armeen

 

in Lagern der Heeresgruppe ausgabebereit

5.391 t.

verlagen in Zügen im Nachschubsammelgebiet

11.401 t.
Bei den anderen Heeresgruppen waren die Verhältnisse ähnlich.22)

Das Kriegstagebuch Halder weist im Band VII unter dem 21.9.1941 Notizen über die vom Generalquartiermeister des Heeres für den durchschnittlichen Monatsverbrauch in Ausstattungen angegebenen Munitionsmengen auf:

a) Angriff 2.2 erste Ausstattungen lFH
  2.0 erste Ausstattungen sFH
  2.26 erste Ausstattungen 10 cm Kanonen
  1.9 erste Ausstattungen 21 cm Mörser
b) in der Abwehr 2.0 - 2.5 erste Ausstattungen lFH
  2.25 - 2.75 erste Ausstattungen sFH
  1.75 - 2.75 erste Ausstattungen 10 cm Kanonen
  2.0 - 5.0 erste Ausstattungen 21 cm Mörser

Aus der Beurteilung der Munitionslage für Oktober 194123) geht hervor, daß für die Win-termonate ein erhebliches Absinken des Munitionsverbrauches erwartet wurde, was aber in Wirklichkeit infolge der haretn Winterkämpfe besonders westlich Moskaus nicht eintrat. Das Kriegstagebuch Halder Band VII verzeichnet am 24.1.1942 einen Vortrag des Chefs der Org.Abteilung OKH mit großem Bedenken in Bezug auf Ersatzlage und Materialreser-ven. Die harten Winterkämpfe im Osten haben zu bedeutenden Verlusten an Geschützen und Munition geführt. Die vom OKH geforderte Munitionsbevorratung für 6 Monate war nicht vorhanden, sie lag bei einzelnen Munitionsarten sogar unter der 2-Monatsgrenze.24)

Nunmehr trafen Anfangs 1942 die jedem Frontsoldaten bekannten Munitionsschwierigkei-ten ein. Teilweise mußten von den verantwortlichen Versorgungsstellen Kontingentie-rungsmaßnahmen für den Verbrauch wichtiger Munitionssorten getroffen werden. Der Ge-neralstab des Heeres hat deisen Umständen in jeder Hinsicht zu steuern versucht. Immer wieder gingen Weisungen an die für die Versorgung verantwortlichen Dienststellen, sich den Augenblicksverhältnissen wendig anzupassen. Alle Quartiermeisterstellen wurden für schwerpunktmäßiges Disponieren, unter Berücksichtigung des Zustandes des Landes, der Jahreszeit und der notwendigsten Erfordernisse der Truppe verantwortlich gemacht.

Der Generalquartiermeister des Heeres, General Wagner, hat am 24.3.1942 Erfahrungen über die Versorgungsführung im Ostfeldzug, die seine Abteilung Versorgungsführung Qu 2 ausgearbeitet hatte,25) den Generalstabslehrgängen und allen Heeresgruppen und Ar-meen zur Kenntnis gebracht, um für zukünftige Berechnungen des Munitionsbedarfes einheitliche Unterlagen und Richtlinien zu geben. Die Weisung besagt: "Der Munitions-bedarf hielt sich unter den angenommenen Mengen. Inbesonders wurde bei Beginn der Operation durchwegs eine viel zu hohe Munitionsbevorratung gefordert und durchgeführt. Das hatte zur Folge, daß einmal der Transportraum in dieser Beziehung zu hoch belastet wurde, andererseits aber zahlreiche zersplitterte Munitionsbestände im Lande liegen blie-ben.

Die Einsetzung von 1/20 einer ersten Munitionsausstattung als täglichen Verbrauch ist nicht zweckmäßig. Man muß dem zu erwartenden Kampfverlauf Rechnung tragen.

Als Anhalt für täglichen Bedarf kann gelten:

Kampfart

Munitionsverbrauch in Ausstattungen

Armee (Ausst.)

einges. Div (Ausst.)

1) Angriff gegen befestigte Stellungen

1/15

1/2 - 1/3

2) Verteidigung gegen einen mit starken Kräften massiert angreifenden Feind

1/20

1/2 - 1/6

3) Verteidigung gegen Einzelvorstöße

1/30

1/6 - 1/10

4) Verfolgung

1/60 - 0

1/10 - 0

Im Angriff war innerhalb der Munitionsarten das Verhältnis, gemessen an Ausstattungen, etwa:

Infanteriemunition (ohne IG): Artilleriemunition = 1 : 5. In der Verteidigung war der Ver-schuß an Infanteriemunition höher. Für die Beschießung von Städten und anderen per-manenten Anlagen, die sich über lange Zeit hinzieht, um eine Zerstörung und Zermür-bung herbeizuführen, sind in der Regel besondere Berechnungen notwendig".

Der Beginn der großen Offensive 1942 im Süden in den Kaukasus und das Ölgebiet um Maikop und gegen zäh kämpfenden Feind nur langsam Boden gewinnende Operationen in Richtung auf Stalingrad, sowie die Abwehr erheblichen russischen Druckes an anderen Fronsstellen, insbesondere bei Rshew, Wjasma und südlich des Ilmensees, ließ den Muni-tionsverbrauch stark ansteigen. Wenn man den Monat August 1942 mit seinem Gesamt-verbrauch von 143.625 t Munition, (319 Munitionszüge), einen Tagesdurchschnitt von etwa 4.633 t herausgreift, so zeigt die Beurteilung der Munitionslage druch den General-quartiermeister nicht nur die große Sorge auf, der Truppe rechtzeitig die notwendige Mu-nition in die Hand zu geben, sondern sie zeigt auch, wie ungeheuer schwierig es war, überhaupt disponieren zu können. Für viele Munitionssorten gab es keinerlei Reserven oder Vorräte mehr, sodaß vielfach von der Hand in den Mund gelebt werden mußte. Der Generalquartiermeister des Heeres stellte fest, daß der Munitionsverbrauch im August 1942 eine noch nicht erreichte Höhe aufweist (ANLAGE 14) und im September der Ver-brauch voraussichtlich auf gleichem Niveau sein würde. Fast alle Hauptmunitionsarten hätten gleichzeitig Höchstverbrauchszahlen aufzuweisen. Der Nachschub sei praktisch nur auf die Eingänge aus der Fertigung angewiesen. Obwohl diese im wesentlichen die geplanten Steigerungen erreicht und bei Artilleriemunition sogar übertroffen hätten, sei es unmöglich, den derzeitigen Bedarf in einzelnen Munitionsarten zu decken. Der Bedarf setzte sich nicht nur aus der Deckung des Verschusses an der Front und Erhaltung der Bestände der kämpfenden Truppe zusammen, sondern es müßte auch eine Bevorratung des Ostens für den Winter, sowie die Versorgung der abgesetzten Fronten in Afrika und Skandinavien und die Ergänzung deren Abwehrbereitschaft auf dem Munitionssektor vo-rausgeplant werden. Die Erfüllung des unaufschiebbaren Bedarfes müßte im Osten ein Ab-sinken der Frontbestände an Munition zur Folge haben. Da die Rohstoffkontingente für Munition voll ausgelastet seien, könne diesem Umstand nur durch Verlagerung von Ferti-gungsschwerpunkten und durch Kontingentierung entgegengetreten werden. Vorbeugen-de Maßnahmen zur Einschränkung des Verbrauches an ruhigen Fronten würden ins Auge gefaßt.25)

Ende 1942, mit der Einschließung der 6. Armee bei Stalingrad, tritt erstmalig ein so unge-heurer Verbrauch an Infanteriemunition auf, daß der Generalquartiermeister die schnellste Steigerung der Produktion von einem bisherigen monatlichen Ausstoß von ca. 150 Millio-nen Schuß auf 350 Millionen Schuß fordert. Die katastrophale Entwicklung im Süden der Ostfront, die durch die Einschließung der 6. Armee und die Auftrennung weiter Frontab-schnitte gekennzeichnet ist, hat erstmalig zu bedeutenden Munitionsverlusten geführt, die auf Grund nur unvollständiger Meldungen von den Führungsstellen auf ca. 20.000 t geschätzt werden.

Generalfeldmarschall Paulus meldet mehrmals die Schwierigkeiten der Versorgung im Kes-sel, insbesondere aber die unzureichende Munitionsversorgung, die letzten Endes mitent-scheidend für die Kampfführung im nur luftversorgten Kessel wurde und auch die nur zeit-lich begrenzte Standefestigkeit der Armee gegen den übermächtigen Feind bedingte.26)

Das Jahr 1943 hat in seinen ersten Monaten infolge der harten Kämpfe inbesondere im Süden und im Norden der Ostfront einen unverhältnismäßig hohen Munitionsverbrauch ge-habt. Es mußte daher der Zeitpunkt kommen, an dem Freund wie Feind eine Atempause für die Ordnung ihrer kämpfenden Verbände und die Vorbereitung weiterer Operationen benötigten. (ANLAGE 15)

Der Monat April 1943 weist daher tatsächlich den bisher geringsten Munitionsverbrauch auf. (ANLAGE 16) Die dadurch möglich gewordenen Einsparungen im Munitionsnachschub wurden im vollen Umfang zunächst für eine operative Bevorratung und für die Bildung von Munitionsreserven durch das OKH verwendet. Die Ostfront konnte munitionsmäßig wieder auf eine Basis gestellt werden, die allgemeinen Großkämpfen gewachsen war. Nicht be-deutende Munitionsmengen mußten für die bereits im größeren Maß laufenden Neuaufstel-lungen von Verbänden verwendet werden. Sie belasten naturgemäß die für den Nach-schub zur Verfügung stehende Munitionsmenge.27)

Wie erwartet war mit den Einsetzen der Großkämpfe im Juli und August 1943 der Muniti-onsverbrauch wieder auf neue Höchstwerte angestiegen. (ANLAGE 15) Die Masse dieses Verbrauches entfiel auf Artilleriemunition. Der Verschuß lag bei etwa 3.5 Millionen lFH und 872.000 sFH Granaten und um 45.000 Schuß 21 cm Mörser im Monat.28) Diese Zahlen sind einer Tabelle über den Munitionsverbrauch der deutschen Artillerie in Schuß entnom-men, (ANLAGE 17) deren Gegenüberstellung mit den Verbrauchszahlen an Artilleriemuni-tion im 1. Weltkrieg erkennen läßt, daß der Verschuß im Verhältnis damals bedeutend hö-her lag. (ANLAGE 18) Sie lassen daher auch den Schluß zu, daß die Leistungen des deut-schen Einzelkämpfers im 2. Weltkrieg zu einem Großteil die Materialüberlegenheit über-wunden haben und daß die großen Erfolge deutscher Truppen eigentlich mit einem Mini-mum an Einsatz schwerer Munition erzielt wurden.

Der Sommer und Herbst 1943 brachten noch weitere Krisen auf dem Munitionssektor. Zum erstenmal beginnen sich Ausfälle in der Munitionsfertigung durch Fliegerschäden bemerk-bar zu machen. Der hohe Munitionsverbrauch der Ostfront im Juli und August 1943 be-dingte, daß dort rund 90.000 t Munition mehr verschossen wurden als zugeführt werden konnten. Eine Gegenüberstellung der Verbrauchs- und Nachschubzahlen der lFH-Munition ergeben ein anschauliches Bild der geradezu katastrophalen Munitionslage:

Monat

Nachschub

Verbrauch

Juli 1943 2,124.000 Schuß 3,476.000 Schuß
August 1943 2,850.000 Schuß 3,674.200 Schuß
September 1943 2,350.000 Schuß 2,893.000 Schuß

Für den Monat Oktober 1943 konnte entsprechend der Fertigung nur ein Nachschub von etwa 1,900.000 Schuß erfolgen. Die Munitionslage wurde im Hinblick auf die operative Lage (Ausweitung der Kriegsschauplätze und dem bevorstehenden Winter) vom General-quartiermeister als ernst bezeichent.29)

Die Vorräte waren daher nahezu aufgebraucht, die Munitionsbversorgung war nur noch auf den Nachschub allein angewiesen. Die Deckung eines Verbrauches in bisheriger Höhe schien nicht mehr möglich. Das mußt auch ein Nachlassen der Abwehrbereitschaft der Front bedeuten. Der Generalquartiermeister des Heeres setzt unter seine Beurteilung der Munitionslage, da die Frontbestände im Osten Ende August 1943 so niedrig waren, daß sie meist unter einer ersten Munitionsausstattung lagen, den schicksalsschweren Satz: "Bei Fortdauer der schweren Kämpfe im Osten ist die Munitionslage nicht gesichert".

Die Härte der Kämpfe und der Kampfverlauf wird auch aus der Tatsache großer Ausfall-zahlen an Waffen im August 1943 beleuchtet. Sie betrugen: 51.500 Gewehre, 9.750 Ma-schinengewehre, 313 5 cm Pak, 262 7.5 cm Pak, 236 lIG, 306 lFH, 94 sFH.30)

Ende 1943 werden erstmalig von der Front Klagen über eine unzureichende Qualität der Munition laut. Dieser Umstand hat auch die Führung vor weitere Probleme gestellt, die Maßnahmen von Seiten der technischen Abteilungen des OKH und der Rüstungsindus-trie erforderlich machten.31) Den intensiven Maßnahmen des Generalquartiermeisters des Heeres ist es unter schwierigsten Umständen gelungen, der Ostfront im November und Dezember 1943 rund 60.000 bis 70.000 t Munition mehr zuzuführen als der Verschuß in diesen Monaten aus-machte. Dadurch war wieder eine gewisse Winterbevorratung der kämpfenden Truppe erreicht, die schwere Munitionskrise des Herbstes überwunden.

Das Jahr 1944 wies zwar noch manche Schwierigkeit in der Munitionsversorgung auf, besonders wegen der Fertigungsausfälle der immer mehr unter feindlicher Lufteinwirkung arbeitenden deutschen Industrie. Immer wieder mußten auch Notmaßnahmen zur Hebung des unzureichenden Ausstoßes einzelner Mangelmunitionssorten getroffen werden.

Sparsamste Munitionsbewirtschaftung und ständige Forderung auf Steigerung der Muniti-onsfertigung waren daher die einzigen Mittel, durch schwerpunktmäßige Führung schwere Krisenlagen vorausschauend zu vermeiden.

Der Munitionsverbrauch im Osten war im allgemeinen am größten beim Angriff gegen be-festigte Stellungen und Festungen, sowie in der Abwehr. Am geringsten war der Muniti-onsverbrauch in der Verfolgung.

Unter den Munitionsarten standen Infanterie-, Pak- und Artilleriemunition an erster Stelle. Ihr Verschuß wäre zweifelslos noch höher gewesen, wenn jederzeit genügend Munition zur Verfügung gestanden und einschränkende Kontingentierungsmaßnahmen nicht erfor-derlich gewesen wären.

Mit Oktober 1944 enden die erreichbar gewesenen Unterlagen über den Munitionsver-brauch.

Die Luftschlacht um England 1940/41 und "Seelöwe" - Vorbereitungen bis Die Vorbereitungen für einen OstfeldzugRückblick auf die Leistungen der deutschen Rüstungsindustrie 1942 - 1944