Der Westfeldzug 1940Der Munitionsverbrauch im Osten 1941 - 1945
Der Munitionsverbrauch im 2. Weltrkieg
II. Der Munitionsverbrauch im operativen Rahmen
Die Luftschlacht um England 1940/41 und
"Seelöwe" - Vorbereitungen

Während sich nun vom Oberkommando des Heeres bis zu den Kompanien der Einsatzdivi-sion im Westen hinunter die verantwortlichen Kommandeure und Offiziere Gedanken über das Überqueren des Ärmelkanals machten und Vorbereitungen für eine Landung auf dem englischen Festland getroffen wurden, stand die deutsche Luftwaffe in ihrem größten Einsatz. Die Erringung der Luftherrschaft über den britischen Inseln und die Zerschlagung militärischer und industrieller Ziele sollte die Voraussetzungen für das Gelingen der ge-planten Brückenkopfbildung und der Besetzung Großbritanniens durch deutsche Truppen schaffen. Wie sich dieser Einsatz der deutschen Luftwaffe in Zahlen der abgeworfenen Bombenmengen im Verhältnis zur Zahl der eingesetzten Flugzeuge und der eingetretenen Verluste verhält, zeigt eine nach Unterlagen des Generalquartiermeisters der deutschen Luftwaffe zusammengestellte Übersicht. (ANLAGE 11)11)

Bei den Vorbereitungen, die das Heer für das Unternehmen "Seelöwe" – wie der Deckname für den geplanten Angriff auf England hieß– traf, waren bei den Divisionen erster Welle 8 Munitionsausstattungen je Waffe vorgesehen. Schwere Waffen in der ersten Staffel soll-ten sogar über 9 erste Munitionsausstattungen verfügen. Für eine spätere Phase nach Bildung eines Brückenkopfes auf dem englischen Festland, sollten alle Arten von Versor-gungsgut durch die Armeen an Abladestellen gebracht werden.12) Für die Versorgung nach der Landung sollte ein eigener Oberquartiermeister England eingesetzt werden. Eine Versorgung der Truppe auf dem Luftwege war nur für dringende Ausnahmefälle vorgese-hen.

Im Frühjahr 1941, nachdem sich die Absichten der deutschen politischen Führung vom Westen nach dem Osten gewendet hatte, mußte auch der gegen England in und aus der Luft geführte Kampf abgebrochen werden. Das erstrebte Ziel war nicht erreicht worden, aber die deutsche Luftwaffe wurde ebenso wie die sich bereits in Ver-, Be- und Entlade-übungen in den Häfen und an freien Küstenstellen am Atlantik für ein Übersetzen übenden Heerestruppen für neue Aufgaben im Osten oder im Mittelmeerraum gebraucht.

Der Balkanfeldzug April 1941

Dokumente, die über den Munitionsverbrauch der an der Besetzung der Balkanstaaten Jugoslawien und Griechenland beteiligten deutschen Truppen Aufschluß geben, sind nicht erreichbar gewesen. Sachbearbeiter der Gruppe Munition der Dienststelle des General-quartiermeisters im OKH vermuten, daß dieser Munitions-verbrauch, da er bei den Vorbe-reitungen für den Ostfeldzug nicht ins Gewicht fiel, nicht mehr als insgesamt rund 25.000 t betrug.

Die Vorbereitungen für einen Ostfeldzug

Wir wissen, daß mit dem am 31.7.1940 geäußerten Entschluß Hitlers, einen Feldzug gegen Rußland,13) sich der deutsche Generalstab mit dem Problem der Vorbereitung in organisa-torischer und versorgungsmäßiger Hinsicht befassen mußte.14) In unzähligen Besprechun-gen, Denkschriften und Ausarbeitungen wurden die Planungen für den "Barbarossa" nie-dergelegt.

Im Band V des Kriegstagebuches von Generaloberst Halder finden wir unter dem 12. No-vember die Eintragung über einen Vortrag des Generalquartiermeisters des Heeres (Gene-ral Wagner) über die Grundlagen der Versorgung "im Falle der Ostoperation". Interessant ist dabei, daß niemals eine Munitionsbevorratung von 2 ersten Munitionsausstat-tungen für eine Infanteriedivision und 3 erste Munitionsausstattungen für eine Panzerdivision vorgesehen wurden. Als Reichweite wurde ein Zeitraum von 10 Tagen bei der Annahme eines Tagesverbrauches von durchschnittlich einem Fünftel, bzw. einem Drittel einer ersten Munitionsausstattung angenommen. Das OKH selbst hat einen Vorrat für 20 Divisionen zu seiner Verfügung gehalten. Nach der Notiz im Kriegstagebuch Halder wären für eine Munitionsausstattung aller für den Ostfeldzug vorgesehenen Verbände 76.500 t Munition, also rund 170 Munitionszüge mit je 450 t, erforderlich gewesen. Es mußten daher mehr als 160.000 t Munition als erste "Barbarossa-Ausstattung" vorgese-hen werden.

Der Generalquartiermeister hielt nun monatlich Vortrag über die Versorgungslage, insbe-sondere auf dem Sektor Waffen und Munition, sowie über den Stand der Vorbereitungen für einen Ostfeldzug. Anfangs Februar 1941 gab der Generalquartiermeister ein besonders anschauliches Bild über die Lage der Munitionsbevorratung. Sie sei hier wörtlich wiederge-geben:

"Der Bestand nach Kampfmonaten in "Überblick über den Rüstungsstand"15) ist aufgebaut auf dem Verbrauch im Westen. Dieser Verbrauch ist äußerst niedrig gewesen. Legt man den Verbrauch in Polen zugrunde, der erheblich höher als jener im Westen war,16) jedoch insgesamt immer noch als niedrig zu bezeichnen ist, so bleibt am 1.4.1941 ein Munitions-vorrat von etwa 6 1/2 Kampfmonaten. Die Eigenart der Bereitstellungen erfordert jedoch einmal eine weiträumige Zerlegung dieses Vorrats, zum anderen eine hohe Bevorratung verhältnismäßig kleiner Verbände und verringert damit den Gesamtwert des Nachschub-vorrats.17)

Aus diesen Worten spricht die ernste Sorge des Generalquartiermeisters, ob die aus der derzeit greingen Munitionsfertigung mögliche Bevorratung ausreichen würde, die für die Angriffsverbände eines Ostfeldzuges nötigen Munitionsmengen zeitgerecht verfügbar zu haben. Würde die deutsche Industrie nötigenfalls die derzeit gedrosselte Munitionspro-duktion auch mit der erforderlichen Schnelligkeit so steigern können, daß mit den gerin-gen Vorräten der Anschluß an eine erhöhte Fertigung im Falle des Krieges mit Rußland gefunden werden könnte? Das war damals die große Frage.

Der Westfeldzug 1940Der Munitionsverbrauch im Osten 1941 - 1945