Der Polenfeldzug 1939Die Luftschlacht um England 1940/41 und "Seelöwe" - Vorbereitungen bis Die Vorbereitungen für einen Ostfeldzug
Der Munitionsverbrauch im 2. Weltrkieg
II. Der Munitionsverbrauch im operativen Rahmen
Der Westfeldzug 1940

Nach dem Anlaufen der kriegsmäßigen Produktion zu Beginn des Jahres 1940 war der Mu-nitionsvorrat für den Westfeldzug noch auf einen ausreichenden Stand gebracht worden. (ANLAGE 8) Auch zu Beginn der 2. Operationsphase am 4.6.1940 verfügten die deutschen Armeen in Frankreich über eine volle erste Munitionsausstattung, und es befanden sich noch weitere 40.000 t Munition im Heeresbereich.

Die kurze Dauer des Westfeldzuges und die Schlagkraft der modern ausgerüsteten und voll ausgestatteten deutschen Angriffsdivisionen läßt praktisch nur einen Gesamtüberblick über den Munitionsverbrauch zu. Der Generalquartiermeister des Heeres hat ihn mit insge-samt 88.460 t oder 2.057 t täglich bei einer Feldzugdauer von 43 Tagen berechnet.7)

Die gleiche Quelle bring eine Zusammenstellung des Verschusses während des Westfeld-zuges, bei der die einzelnen Munitionsarten prozentual auf die Gesamtmenge einer ersten Munitionsaustattung bezogen sind. Sie zeigt klar, daß der Munitionsverbrauch des West-heeres bei Geschützen und Kanonen, die zur Vorbereitung oder Unterstützung eines An-griffes eingesetzt waren, erheblich größer war wie bei Waffen in der Hand des Infanteris-ten.

Der Verschluß lag unter einer ersten Ausstattung bei:

Gewehr und Maschinengewehr

0.26

Pistolenpatronen

0.57

2 cm Pz.Abwehr- und Kampfwagenkanone

leichtes Infanterie Geschütz

leichter und schwerer Granatwerfer

Gebirgskanone Muster 14 und 15

15 cm Kanone Muster 18 und 39

Stielhandgranaten, T. und S. Minen.

Der Verschuß lag über einer ersten Ausstattung bei:

schweres Infanterie Geschütz

2.37

leichte Feldhaubitze

1.13

10 cm Kanone Muster 17

3.07

10 cm Kanone Muster 18

2.47

schwere Feldhaubitze

1.97

15 cm Kanone Muster 16

3.83

21 cm Mörser

2.20

bei Kalibern tschechischer Herkunft von 10 - 15 cm
zwischen 1.03 und 1.57

Das Kriegstagebuch der 16. Armee aus dem Westfeldzug 1940 gibt einen Gesamtverschuß von 28.500 t Munition an. Davon besaß die Truppe zu Beginn der Operation 7.100 t als erste Munitionsausstattung. Mehr als 20.000 t wurden im Verlauf des Feldzuges der Trup-pe zugeführt.

Die Armee weist für 3 Großkampftage folgende Verschußzahlen aus:
beim Sturm auf Panzerwerk 505 2.500 t
am 23. Mai 1940 beim Angriff auf die Höhe von Stonne 5.800 t
am 9. Juni 1940 für den Angriff des VII. A.K. 2.200 t

Die 16. Armee hat also im Frankreichfeldzug an einem Kampftag niemals, selbst nicht im Großkampf gewichtsmäßig mehr als 80%, durchschnittlich nur rund 30% einer ersten Mu-nitionsausstattung verbraucht. Der Gesamtverschuß im Frankreichfeldzug belief sich gewichtsmäßig auf vier erste Munitionsausstattungen.

Das Kriegstagebuch schließt mit der Feststellung:

"Die Armee hat ihre Aufgabe im wesentlichen aus eigener Kraft erfüllen können und zum größten Teil ohne Hilfe der operativen Luftwaffe die ihr gesteckten Ziele erreicht".8)

Zur Vervollständigung einer Gesamtübersicht des Westfeldzuges noch ein kurzer Blick auf den Verbrauch im taktischen Bereich:

Die 18. Infanterie-Division hatte vom 10.5. bis 4.6.1940 an 25 Kampf- und Marschtagen mit 558 Toten und 2.032 Verwundeten und Vermißten rund 15% Verluste ihrer Gesamt-stärke. An verschossener Munition weist das Tagebuch des Ib

154 t Infanteriemunition

900 t lFH, nur Div. Artillerie ohne Zuteilung

372 t sFH, nur Div. Artillerie ohne Zuteilung

aus. Der größte Verschuß an Artilleriemunition hat an einem Kampftag 7.500 Schuß lFH (bei 36 Geschützen) und

1.200 Schuß sFH (bei 12 Geschützen) betragen.

Je Rohr wurden daher 210 Schuß lFH (93% einer ersten Munitionsausstattung) oder 100 Schuß sFH (67% einer ersten Munitionsausstattung) verschossen.

Die 18. Inf.Div. verbrauchte also insgesamt im Frankreichfeldzug 1.426 t Munition. Da ihre erste Ausstattung 600 t betrug, mußten rund 1 1/2 erste Ausstattungen den Kampftrup-pen zugeführt werden, um den Verschuß zu decken. Tatsächlich wurden fast 1.500 t Mu-nition bewegt, weil auch die erste Munitionsausstattung ersetzt werden mußte.

Aus dem Tagebuch des Ib ist zu entnehmen, daß die 18. Inf.Div. zum erstenmal am 13. Mai 1940 eine Munitionsausgabestelle eingerichtet hat. Erst am 21. Mai 1940, also am 12. Einsatztag, mußte unter Einsatz von Gepäcktrossen der Division zum aushilfsweisen Artil-lerie-Munitionstransport insgesamt 120 t Munition zu den kämpfenden Einheiten transpor-tiert werden. Nur einmal während des Feldzuges wurden 500 Schuß sFH (30 t) durch eine Korpskolonne der vor dem Ypernkanal stehenden Divisionsartillerie zugeführt. Die drei Nachschubkolonnen der Division (je 30 t) waren ständig unterwegs, um die immer länger werdenden Entfernungen zwischen den Munitionslagern der Armee und der kämpfenden Division zu überbrücken. Zwischen dem 18. und 21. Juni 1940 haben die Kolonnen der Di-vision über 1.000 km Fahrstrecke zurückgelegt, und, obwohl gar keine Kampfhandlungen mehr stattfanden, mußte jeder einzelne Beifahrer beim Umladen von Munition in diesen 3 Tagen bei glühender Hitze rund 180 Zentner bewegen.9) Obwohl sich die Munition in ihrer Gesamtmenge nur knapp 2 1/2 mal umgesetzt hat, waren infolge der großen Entfernun-gen zwischen den Armee-Munitionslagern und der Truppe und einen nur beschränkten Kolonnenraum erhebliche Leistungen der Nachschubtruppe notwendig.

Es ist vielleicht richtig, an dieser Stelle noch einige Worte über die Leistung von Nach-schubkolonnen zu sagen, da man auch mit diesen Einheiten während des Frankreich-feldzuges die ersten auswertbaren Erfahrungen gemacht hat.

Die 18. Armee hat im Westen die Kapitulation der Niederlande erzwungen, Antwerpen überrannt, vor Brügge die Kapitulation Belgiens erkämpft, Dünkirchen erobert, Paris ge-nommen und den Feind bis weit über die Loire nach Süden verfolgt. Mit etwa 1.500 km an rund 40 Kampftagen hat sie eine der längsten Kampfstrecken aller Armeen im Frankreich-feldzug hinter sich gebracht.

Die 18. Armee, Armeenachschubführer 516, verfügte nur über drei Kolonnenabteilungen zu je 360 t mit einem Laderaum von zusammen 1.080 t. Die vierte Kolonne z.b.V. 667 stand nur an den ersten Tagen der Armee zur Verfügung und hatte keine ins Gewicht fal-lende Transportleistungen zu verzeichnen. (ANLAGE 9) Aus einer Gesamtübersicht (ANLA-GE 10) ersehen wir, daß die Armeekolonnen rund 45.000 t Nachschubgüter an 45 Einsatz-tagen zwischen dem 10. Mai und 26. Juni 1940 transportiert haben. Rund die Hälfte die-ser Transportleistung war Munitionstransport.

Besonders hervorzuheben ist eine nachschub- und versorgungstechnische Maßnahme, die, im Westfeldzug erprobt, sich später in vielen Kriegstagen besonders bewährt hat. Es war das die Einrichtung sogenannter "Versorgungskoffer", ein nach der jeweiligen Lage und dem Bedarf verschieden zusammengestelltes Paket von Munition, Betriebsstoff und Verpflegung, das auf Kraftwagenkolonnen verladen sehr beweglich ist und rasch der Kampftruppe zugeführt werden kann. Diese organisatorische Maßnahme hat zweifellos dazu beigetragen, einige Krisenlagen im Frankreichfeldzug bei unerwartet hohem Muniti-onsverbrauch diesen ohne Verzögerung zu ergänzen und die kämpfende Truppe in die Lage zu versetzen, ohne Halt die Verfolgung des Feindes aufzunehmen oder seine Ver-nichtung zu erreichen. Der Bericht des Armee-Nachschubführers 516 führt mehrere der-artige Fälle im Raum der 31. Inf.Div. am 15. und 16. Mai 1940 und in den Kämpfen bei Ypern am 30. Mai 1940 an.10)

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