Belehrungsblatt 9 (Ziffern 247 und 248)Belehrungsblatt 9 (Ziffern 253 bis 255)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition
Ausgabe B - Blatt 9
Behandeln
blindgegan-
gener Leucht-
und Blitzlicht-
bomben
249.

Blindgegangene Leucht- und Blitzlichtbomben sind vorsichtig auszugraben. Ein Herausziehen aus dem Boden darf nur mit einem Seil von einer Deckung aus vorgenommen werden, da die Zünder beim Herausziehen häufig in Tä-tigkeit treten und zu tödlichen Unfällen geführt haben. Leucht- und Blitz-lichtbomben sind, da sie nicht ohne weiteres zu unterscheiden sind, durch Auflegen eines Sprengkörpers 28 in Höhe des Leuchtsatzes zu sprengen. Sprengung nach Möglichkeit am Fundort in einer etwa 1 m tiefen Grube, Sicherheitsabstand mindestens 100 m. Da mit der Entstehung von Bränden durch Umherschleudern der brennenden Leuchtsätze zu rechnen ist, müs-sen Löschgerät und Löschmannschaften vorsorglich bereitgestellt werden. Die Zünder und Zünderreste sind der Lw. Mun.Verwertungsanstalt, Kalkum bei Düsseldorf, zuzuleiten; Reste der Blechhüllen sind der örtlichen Roh-stoffverwertung zu übergeben. Fallschirme sind nach Ziff. 238, Abs. i, zu behandeln.

Sichern
blindgegan-
gener Stab-
brandbom-
ben für die
Beförderung auf Fahrzeu- gen oder mit der Eisen-
bahn
250.

Da grundsätzlich sämtliche Stabbrandbomben zur Verwertung des Elektron-metalls der LW.Mun.Verwertungs-Anstalt, Kalkum bei Düsseldorf, Anschluß-gleis Kalkum, zuzuführen sind, müssen sie handhabungs- und transportsi-cher gemacht werden. Handelt es sich um die ältere Ausführung der Zün-der, so sind diese abzuschrauben und zu zerlegen und die Zünderteile ein-zeln zu verpacken. Bei der neuen Zünderausführung, die eingebaut und bei der der Schlagbolzen durch kreuzförmige Blechstreifen gesichert ist, läßt sich der Zünder nicht abschrauben. Läßt sich der seitliche Sicherungsstift eindrücken, so wird er durch Auflegen eines Holzstreigens (z.B. Reste einer Streichholzschachtel) und festes Umwickeln mit Isolierband oder Bindfaden in eingedrückter Lage gesichert. Die Bombe ist damit transportsicher. Ist der Schlagbolzen beim Aufschlag so weit nach unten gerutscht, daß das Eindrücken des seitlich herausragenden Sicherungsstiftes nicht mehr mög-lich ist, so sind die Entgasungslöcher zu durchstechen und die Bombe 1 Stunde lang in Wasser zu legen, damit sich der Anfeuerungssatz zersetzt und die Bombe nicht mehr zündfähig ist.

Stabbrandbomben mit Sprengkopf sind gesondert zu verpacken und die Packgefäße zu kennzeichnen. Ist es unter Zuhil-fenahme eines starken Schraubenziehers möglich, die Verschlußschraube aus dem Zünderkopf zu lösen und die Sprengladung einschließlich Sprengkapsel herauszunehmen, so sind Sprengkapsel und Sprengstoff den zuständigen Sprengkommandos zur Vernichtung zuzuleiten. Die übrigen Teile sind zur LW.Mun-Verwer-tungsanstalt zum Versand zu bringen.

Britische
Phosphor-
bombe
INC 30 LB
Mk III - IV
= 14 kg
(Abb. 234)
251.

Die britische Phosphorbombe 14 kg hat aus Gründen der Fertigungsverein-fachung Änderungen erfahren. Die Bomben Mark III und IV sind an der Längsschweißnaht zu erkennen.

Bombenköpfe: Nahtlose Stahlkalotte als Bombenkopf mit eingeschweißtem Zünderrohr.

Zylindrischer Bombenteil: Aus Stahlblech gerollt mit Längschweißnaht.

Bombenboden: In zylindrischen Teil eingeschweißte Platte. Einfüllstutzen innen verschweißt.

Leitwerk: Stahlblech, punktgeschweißt mit rotem Anstrich, auf äußeres Gewinde des Einfüllstutzens aufgeschraubt. Leitwerk hat keine Änderung gegenüber den Baumustern Mk I und II erfahren.

Anstrich: Dunkelrot mit hellrotem Ring am Übergang vom Kopf zum zylindri-schen Teil.

Es ist damit zu rechnen, daß auch diese Bombe später dem einheitlichen neuen graugrünen Tarnanstrich erhält und durch je einen hellroten und einen dunkelroten Ring als Brandbombe gekennzeichnet wird.

Bombenfüllung: Bis zu 4 Litern Benzol, das durch Kunstharz verdickt wird. Bei den einzelnen Lieferungen der verschiedenen Herstellungswerke werden unterschiedliche Kunstharze verwendet, deren Zähflüssigkeit ebenfalls nicht einheitlich ist. Der gewichtsmäßige Anteil der Kunstharze in der Brandflüssigkeit beträgt 5 bis 20 v.H. Als Zündmittel sind in der Spitze bei den verschiedenen Lieferungen 150 bis 600 g Phosphor eingegossen. Es handelt sich hierbei um gelben Phosphor, von dem ein Teil im Benzol in Lö-sung geht (bis zu 1 v.H. Gewichtsanteil der Brandmasser). Der in Lösung gegangene Phosphor reicht nicht aus, um die Brandmasse bei Temperatu-ren zwischen 0 und 40° zur Entzündung zu bringen. Die Bombe ist somit einlagerungssicher, da bei undichtem Einfüllstutzen die herausquellende Brandmasse an der Luft erstarrt und die undichte Stelle abdichtet, ohne dabei selbst in Brand zu geraten.

Zündung: Als Zünder wird der Aufschlagzünder Nr. 846 Mk I - III verwen-det, auf den die Ausstoßladung mit 35 g Schwarzpulver aufgeschraubt ist (siehe Belehrungsblatt Nr. 7, Abb. 174). In dem Zünder ist neuerdings kein Verzögerungssatz mehr eingebaut. Eine gewisse Verzögerung beim Durch-schlagen von Gebäudeteilen wird durch die Trägheit des Schwarzpulversat-zes erreicht. Der Zünder wird in der Bombe durch eine mit zwei Stiften ver-sehene Verschlußschraube festgehalten.

Einsatz: In der zweiten Hälfte des Jahres 1943 wurden keine Bomben Mk I und II mit Phosphor-Schwefel-Lösung mehr gemeldet, sondern nur noch die hier beschriebenen Baumuster Mk III und IV mit Längsnaht und eingegos-senem Phosphor.

Wirkungsweise: Beim Aufschlag fällt der Trägheitsbolzen mit dem Zündhüt-chen infolge seiner Trägheit nach vorn und überwindet dabei die Abstands-feder sowie den Nasenring und schießt auf die vorn sitzende Zündnadel auf, die das Zündhütchen ansticht. Der Feuerstrahl des Zündhütchens bringt den Schwarzpulversatz zur Entzündung. Der Gasdruck des Schwarz-pulvers reißt die Zünderbuchse an ihrer Schweiß naht am halbkugelförmigen Bombenkopf ab. Dadurch wird die eingegossene Phosphorfüllung zerstäubt und in die Brandmasse hineingedrückt. Gleichzeitig reißen durch den Über-druck die Schweißnähte am Bombenboden und die Längsnaht am Bomben-mantel auf. Der Inhalt der Bombe wird daher nicht mehr wie bei den Bau-mustern Mk I und II nach hinten, sondern zum großen Teil nach der Seite herausgeschossen. In manchen Fällen ist der Bombenboden überhaupt nicht abgerissen, sondern der gesamte Inhalt der Bombe nach der Seite herausgeschossen worden. Etwa 1/4 bis 1/3 des Phosphorinhaltes wird der Brandmasse nicht beigemischt und verbrennt im Innern des Bombenmantels oder in dessen unmittelbarer Nähe. Die Brandmasse wird bis etwa 30 m weit verspritzt. Die Brandmassefladen aus der Nähe der Bombenspitze ent-halten mehr Phosphor (etwa 10 bis 30 v.H.), während die Brandmassefla-den aus der Nähe des Bombenbodens sehr wenig Phosphor enthalten. Die abgerissene Zünderhülse (Abreißnut !) fliegt bei schrägem Auftreffen und bei Abreißen des Bombenbodens bis zu 120 m weit (Vorsicht bei Vorführ-ungen !).

Abbranderscheinungen: Die Brandmasse klebt bei Treffern in Gebäuden nur zum Teil an den Wänden, wo sie etwa 1 bis 2 m herunterlaufen kann. Alle bisher aufgetretenen Gerüchte über das Hereinlaufen von Brandmasse in Schutzräume oder Kellerfenster haben den genauen Nachprüfungen nicht standgehalten. Durch das seitliche Bespritzen der Häuserfronten bei Tref-fern auf die Straße und die 1 bis 2 m Brandspuren der herablaufenden Fla-den wurde der Eindruck geweckt, als ob die Phosphormasse aus der Luft abgeregent worden sei. Das Abregnen von Phosphormasse aus Flugzeugen mit Hilfe von Sprühbehältern bzw. das Abstreuen von Phosphorkugeln ist jedoch nur aus Höhen unter 50 m möglich und wurde bisher nur durch rus-sische Flugzeuge zum schnellen Inbrandsetzen von Gras- und Steppenflä-chen benutzt. Bei Absprühen aus größeren Höhen verbrennt die Masse in der Luft und verliert dadurch ihre Wirkung. Ein Absprühen von Phosphor-masse gegen Gebäude, Städte oder Industrieziele währe daher sinnlos und hat auch bisher noch nicht stattgefunden.

Der Phosphorinhalt der Bombe hat nur den Zweck, das eigentliche Brand-stiftungsmittel, d.h. das Benzol, in Brand zu setzen, nicht aber selbst als Brandstiftungsmittel zu wirken. Der in unmittelbarer Nähe der Bombe zur Entzündung gelangende reine Phosphor hat, wie die Praxis gezeigt hat, keine nennenswerte Bedeutung, wenn man von der an diesen Stellen be-sonders starken Nebelbildung absieht. Wegen der verhältnismäßig kalten Flamme des reinen Phosphors haben diese Brandherde, verglichen mit den übrigen Benzolfladen, praktisch keine Brandwirkung.

Brandbekämpfung: Die bisher ergangenen Anweisungen zur Brandbekämpf-ung werden durch den geänderten Aufbau der Bombe nicht berührt. Es muß also in erster Linie die Benzol-Brandmasse bekämpft werden, während die Bekämpfung des brennenden Phosphors von untergeordneter Bedeu-tung ist; besondere chemische Mittel oder Sonderverfahren für Phosphor-bekämpfung erübrigen sich daher. Meist sind die in unmittelbarer Nähe der Bombe befindlichen reinen Phosphorspritzer oder die stark phosphorhaltigen Brandmassefladen beim Eintreffen der Löschkräfte schon verbrannt, wäh-rend die Benzol-Kunstharzfladen sehr lange brennen.

Die Erfahrung hat gezeigt, daß Mißerfolge bei der Brandbekämpfung fast immer auf unbegründete Angst und mangelhafte Ausbildung oder zu späten Einsatz der Löschkräfte zurückzuführen waren.

Einzelheiten
zur britischen
Minenbombe
HC 4000 LB
= 1800 kg
(Abb. 242 u. 243)

252.

Die Minenbombe HC 4000 LB Mk II und III stellen eine Weiterentwicklung der ursprünglich mit kegelförmiger Spitze versehenen Bombe Mk I dar. Die Ausführung Mk II hat noch 2 seitliche Zünderbuchsen, während diese bei der Ausführung Mk III fehlen. Im Innern der Bombe ist eine Versteifungs-schiene angebracht, die den auf der Bombenöse lastenden Zug gleichmäßig auf eine größere Fläche der verhältnismäßig dünnen Bombenwand verteilt. Unter den Aufhängeösen sind Versteifungsklötze auf die Schiene aufge-schraubt. Bei der Feststellung von Treffern der HC 4000 LB ist zu beach-ten, daß diese Versteifungsklötze häufig noch in 800 bis 1000 m Entfer-nung größere Gebäude und dicke Wände vollständig durchschlagen haben, so daß der Eindruck entstand, es handele sich um Splitter einer dickwandi-gen Sprengbombe. Durchschlagen die Splitter der Bombenwandung in weni-ger als 50 bis 70 m Entfernung, wie Fahrzeuge, Blechhüllen von Maschinen, so sehen die Durchschlagslöcher aus, als seien sie mit einem Schweißbren-ner eingebrannt. Dagegen sehen die Durchschläge von Splittern dickwandi-ger Bomben, wie z.B. GP 1000 LB und GP 1900 LB, gezackt aus, die Ränder der Durchschlagstellen sind nach hinten aufgebogen und weisen abgerisse-ne Zacken auf. M.V.-Würfe mit der Minenbombe HC 4000 LB sind nicht möglich, da die Bombe nicht zerschellsicher ist. Der sich kugelförmig aus-breitende Luftdruck hebt jedoch bei weichem Untergrund flache Trichter von 10 bis 20 m Durchmesser aus, so daß der Eindruck eines m.V.-Wurfes entsteht.

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