Belehrungsblatt 6 (Ziffern 143 bis 150)Belehrungsblatt 6 (Ziffern 153 bis 157)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition
Ausgabe B - Blatt 6
Neuer
Anstrich engl. Bomben und engl. Bomben- leitwerker
151.

Einige in der letzten Zeit geborgene englische Bomben GP 500 LB graublau gestrichen. Sprengstoffkennzeichnung durch grünen Ring. Kennzeichnung des Einbaues der Übertragungsladung durch roten Ring. Der rote Ring war auch bei eingebautem Langzeitzünder vorhanden. Sprengstoffkennzeich-nung wie bisher durch zwei Zahlen mit Bruchstrich.

In einigen Fällen wurden Leitwerkreste detonierter englischer Sprengbom-ben gefunden, die einen grünen Anstrich besaßen. Es konnte bisher noch nicht festgestellt werden, ob es sich hierbei um die Ein führung neuer Farbanstriche zwecks Werkstoffersparnis oder um neue Bombenbaumuster handelt. Entsprechende Beobachtungen und Feststellungen sind zu mel-den.

Einzelheiten über das Herausziehen von Langzeit- zünderbom- ben durch
Seilzug
152.

Wie bereits in Ziffer 24 der Belehrungsblätter mitgeteilt wurde, stellt das Herausziehen von Langzeitzünderbomben aus Gebäuden in eine Grube aus-serhalb des Gebäudes von einer Deckung aus keinen "Transport einer LZZ-Bombe" im Sinne der der Ziffer 59 bis 60 der L.Dv. 764 dar. Nach den bis-herigen Erfahrungen spricht der Langzeitzünder auf die dabei entstehenden Erschütterungen nur an, wenn er sich kurz vor seiner selbsttätigen Auslö-sung befindet. Freiliegende Bomben sind daher sofort herauszuziehen, da-mit der Zünder nicht erst zum Ablaufen kommt. Durch das Herausziehen wird die Zünderlaufzeit erheblich verkürzt und die Sprengung muß daher unverzüglich vorgenommen werden. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Bombe bei sachgemäßer Durchführung dieser Arbeiten zur Detonation kommt, ist verhältnismäßig gering.

Technische Durchführung des Herausziehens.

Voraussetzungen: Falls eine Sprengung am Fundort unter Splitterschutz zu großen Schaden anrichten würde, kann die Bombe, wenn es sich um eine LZZ-Bombe handelt, herausgezogen werden. Handelt es sich um eine Bom-be mit dem alten Einbau des Zünders 17, so ist der Zünder gemäß Beiheft 1 zur L.Dv. 764 Ziffer 7 und Zeichnung 29 a–d unschädlich zu machen. Handelt es sich um eine Bombe mit eingebautem Langzeitzünder (siehe Abb. 111, 112, 113 in Ziffer 155 c), so ist ein Seil an der Bombe zu befes-tigen und mit Hilfe dieses Seiles die Bombe in eine außerhalb des gefährde-ten Gebäudes vorbereiteten Grube zu ziehen. Dort ist sie unverzüglich zu sprengen. Sobald die Bombe in der Grube angekommen ist, wird die vorher vorbereitete und bereits an das Zündkabel angeschlossene Sprengladung in die Grube hinuntergelassen, so daß sie die Bombe berührt, das Splitter-schutzmaterial aufgedeckt und die Sprengung durchgeführt. Diese be-schleunigten Maßnahmen sind notwendig, um eine ungewollte Selbstdeto-nantion der Bombe zu vermeiden. Durch die Erschütterungen bei dem Her-ausziehen kann ein zum Stillstand gekommener Langzeitzünder wieder in Gang gesetzt werden, so daß die Detonation nach wenigen Minuten eintre-ten kann.

Vorbereitungen für das Herausziehen der Bombe.

Wird die Bombe im Innern eines wertvollen Gebäudes oder in dessen unmit-telbarer Nähe gefunden, so muß zuerst eine passende Stelle außerhalb des Gebäudes minderstens aber 5 bis 15 m außerhalb desselben, für das Anle-gen der Grube erkundet werden. Während die Grube etwa 2 bis 3 m tief ausgehoben wird, muß schon das Splitterschutzmaterial neben der Grube bereitgelegt werden, damit durch das Heranschaffen beim Abdecken keine Zeit verloren geht. Je nach den örtlichen Verhältnissen wird die Gleitbahn der Bombe vorbereitet. Befindet sich die Bombe im Keller, so wird zwischen Bombe und Grube ein Loch in die Wand gebrochen (falls keine passenden Kellerfenster vorhanden sind oder wenn sie ungünstig liegen). Das Loch wird zweckmäßigerweise etwas unter der Erdgleiche, nach Ausheben einer kleinen Grube außerhalb des Gebäudes, durch die Mauer gebrochen, damit der Höhenunterschied zwischen Kellersohle oder Lagerort der Bombe und dem Mauerdurchbruch nicht zu groß ist. Danach wird aus Bohlen eine Gleit-bahn von der Bombe zum Mauerdurchbruch zusammengestellt. Das Seil muß so geführt werden, daß es vom Mauerdurchbruch über die Grube hin-weg zur Decke, d.h. zu einer Gebäudeecke, führt. Im Schutze dieses ande-ren Gebäudes wird ein LKw. mit dem Motor zur Bombe aufgestellt und an dem vorderen Abschlepphaken des Fahrgestelles das Seil befestigt. Danach wird ausgemessen, wieviel Meter die Bombe bis zur Grube zurückzulegen hat. In der Nähe des Abschleppwagens wird am Seil ein Merkzeichen ange-bracht (Bindfadenschleife oder ähnliches) und von diesem Zeichen in der Zugrichtung dieselbe Entfernung abgemessen und durch Anbringen eines Kreidestriches auf der Fahrbahn festgelegt (siehe Abb. 99). Beim Heraus-ziehen der Bombe fährt das Fahrzeug unter Ausnutzung des hoch unter-setzten Rückwärtsganges solange zurück, bis die Markierung am Seil den Kreidestrich erreicht. Dann ist die Bombe in der Grube angekommen. Wäh-rend dieses Vorganges müssen sich sämtliche Personen in Deckung befin-den. Der Vorgang des Herausziehens kann durch aufgestellte Spiegel von etwa 50 cm Kantenlänge, die mit Hilfe eines schwenkbaren Holzgestelles auf-gestellt werden, von einer Deckung aus mit dem Fernglas beobachtet werden. Sobald die Bombe in der Grube angekommen ist, muß sie ge-sprengt werden. Ein vorheriges Entfernen des Abschleppseiles hat zu un-terbleiben, um nicht Menschenleben unnötig zu gefährden. Es muß nur ent-fernt werden, wenn die Gefahr besteht, daß es bei der Sprengung gegen Hochspannungleitungen geschleudert wird. In manchen Fällen hat sich das Anbringen von Wällen oder Mauern aus Splitterschutzmaterial zwischen Grube und dem gefährdeten Gebäude als zweckmäßig erwiesen. Befindet sich die Bombe etwa nach Tiefangriffen in einem oberen Stockwerk des Gebäudes, so wird in den betreffenden Zimmern in Fußbödenhöhe ein Loch in die Außenwand geschlagen, durch das die Bombe mit dem Seil herausge-zogen werden kann. Außen am Gebäude ist ein etwa 2 m hohe Polster aus Strohbündeln vorzubereiten, auf das die Bombe beim Herausziehen herun-terfällt und von dem aus sie dann in die Grube gezogen wird.

Muß die Bombe beim Herausziehen um eine Ecke gelenkt werden, so wird das Seil an dieser Stelle über eine sogenannte Eckrolle geführt (siehe Abb. 100). Die Eckrolle wird nur lose mit Nägeln befestigt, damit sie vor dem Straffwerden des Seiles in der gewünschten Höhe bleibt. Das straff ge-spannte Seil drückt die Eckrolle dann genügend fest an die Mauer (oder Türpfosten o.ä.). Kommt die Bombe an der Eckrolle an, so wird während die Bombe umgelenkt wird, die Eckrolle abgerissen und bleibt liegen. Die Erfah-rungen einzelner Sprengkommandos haben gezeigt, daß Bomben aus einem Zimmer über den Korridor und durch den Hausflur um 5 Ecken herum aus dem Hause herausgezogen werden kann.

In vielen Fällen läßt sich ein benachbarter Sprengtrichter einer detonierten Bombe der gleichen Abwurfreihe als Sprengplatz verwenden. Einzelne Sprengkommandos haben auch statt der vorgespannten Lkw. Hebelgeräte wie sie zum Herausziehen von steckengebliebenen Fahrzeugen bei einigen Feuerschutzpolizeieinheiten oder zum Bäumeroden mittels Seilen oder Ket-ten in der Forstwirtschaft gebräuchlich sind, zum langsamen Herausziehen der Bomben benutzt.

Während des Herausziehens müssen die gleichen Sicherheitsmaßnahmen wie bei der Sprengung getroffen werden, da mit einer vorzeitigen Detona-tion zu rechnen ist.

Anweisung für die Befestigung des Abschleppseiles an der Bombe.

Bei Vorhandensein der seitliche Aufhängeösen ist das Seil an diesen zu be-festigen.

Handelt es sich um eine Bombe mit eingebautem Langzeitzünder (siehe Abb. 111, 112, 113), so befinden sich sowohl bei der GP 250 LB als auch bei der GP 500 LB im Bombenboden vier Löcher. Zwei davon sind Löcher ohne Gewinde für den Zapfenschlüssel zum Hineinschrauben des Bomben-bodens. Die beiden anderen haben Halbzollgewinde zur Befestigung der Transportrollen in den englischen Munitionsantalten (siehe Abb. 8 im Bei-heft 1 zur L.Dv. 764). Die Gewinde werden durch Hineinspritzen von Was-ser mit der LS.-Handspritze gesäubert und dann wird eine Halbzollschraube oder, wenn es die örtlichen Verhältnisse erlauben, auch zwei Schrauben eingeschraubt, an denen das Seil befestigt wird (siehe Abb. 102). Einzelne Sprengkommandos haben sich hierzu Ringhaken (sogen. Schweineschwanz-haken) mit Halbzollgewinde zum schnellen Einhänge des Seiles angefertigt. Das Gewinde muß so geschnitten sein, daß es sich auch bei leicht be-schmutztem Gewinde in der Bombe noch eindrehen läßt. Andererseits aber müssen die Gewindegänge noch so viel tragende Flächen besitzen, daß sie nicht herausgerissen werden. Liegt die Bombe sehr ungünstig, etwa mit der Spitze schräg nach oben, so muß sie soweit freigelegt werden (Erschütte-rungen vermeiden!), daß sich eine Seilschlinge herumlegen läßt. Durch Da-zwischenschieben von kleinen Holzkeilen (siehe Abb. 101) wird auf der Bombenwand soviel Reibung erzeugt, daß die Schlinge nicht abrutscht und die Bombe herausgezogen werden kann. Diese Art der Selbstbefestigung hat sich in der Praxis gut bewährt. Das Herausziehen der Bombe, das Anle-gen der Seile, das Einschrauben der Zughaken usw. müssen bei den Sprengkommandos soweit entschärfte Bomben zur Verfügung stehen, ge-übt werden. Es muß jedoch nochmals betont werden, daß das Herauszie-hen von Bomben nur in zwingenden Fällen zur Erhaltung schwer ersetzbarer Werte, z.B. großer Wohnhäuser, Fabrikgebäuden u.ä. und nur unter Leitung von erfahrenen Sprengtruppführern vorgenommen werden darf.

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