Belehrungsblatt 7 (Ziffern 195 bis 198)Belehrungsblatt 8 (Ziffern 203 bis 207)Inhaltsverzeichnis
Belehrungsblatt über Beseitigung feindlicher Abwurfmunition

Ausgabe B
mit den Ziffern 199 bis 242
(ungekürzte Ausgabe)

Nur für den Dienstgebrauch !

Belehrungsblatt über Beseitigung
feindlicher Abwurfmunition

Blatt 8

Herausgegeben vom Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe
- Inspektion des Luftschutzes -
am 15. Februar 1943.

Russ. Spreng-
Brandbombe
105 kg (Russ.
Bezeichnung:
FAB 100 ZE (?))
(Abb. 181)
199.

Die russische Spreng-Brandbombe 105 kg hat die russische Bezeichnung FAB 100 ZE (?) und ist unter Verwendung der geschmiedeten Hülle der Sprengbombe FAB 100 hergestellt.

Anstrich: Dunkelgrau mit rotem Farbring am Übergang von der Spitze zum zylindrischen Teil. Als Füllung dient ein silberfarbiger, pulverförmiger Sprengstoff, in den außerdem noch 8 bis 10 Brandbomben ZAB 2,5 T einla-boriert sind.

Sprengstoffgewicht etwa 30 kg. Gewicht der leeren Hülle 50 bis 54 kg.

Der Sprengstoff hat folgende Zusammensetzung:

    Natriumnitrat . . . . . . . . 48 %  
    Aluminium . . . . . . . . . . 33 %  
    Schwefel . . . . . . . . . . . 8 %  
    Silizium . . . . . . . . . . . . 1 %  
    Magnesium . . . . . . . . 0,5 %  
    Darin als Bindemittel:
    Öl . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 %  
    Gummimasse . . . . . . 3 %  
 
 

Der Rest besteht aus Verunreinigungen, in denen Spuren von Kupfer und Eisen gefunden wurden. Der Zusammensetzung nach stellt dieser Spreng-stoff eigentlich einen Brandsatz dar. Die Satz ist jedoch stark schlag-empfindlich und detoniert bei Verwendung eines sprengkräftigen Zünder (APUW). Die Bombe unterscheidet sich von den Sprengbomben FAB 100 nur durch den genannten roten Ring am Übergang von der Spitze zum zylindrischen Teil. Die 8 bis 10 Stabbrandbomben ZAB 2,5 T im Innern des Sprengsatzes sind ohne Leitwerk und ohne Zünder einzeln in Papier einge-wickelt. Das ganze Bündel der 10 Bomben ist durch eine Pappscheibe über-deckt.

Die Stabbrandbombe ZAB 2,5 T besteht aus einer Stahlblechhülle mit Stahlkopf, in der sich ein eingestampfter Thermitsatz befindet. Gesamtge-wicht der einzelnen Brandbomben 2,4 kg. In der Bombenspitze befinden sich drei um 120° versetzte Entgasungslöcher von 7 mm Durchmesser. Das Zündergewinde ist leer. Unmittelbar hinter dem Zündergewinde sitzt ein Zündsatz von 8 g Gewicht. Er besteht aus:

80,0% Kaliumnitrat
4,6% Magnesium
15,4%

Kunstharz (phenolhaltig) und geringen Mengen Verunreinigungen

Auf den Zündsatz ist ein Übertragungssatz von hellgrauer Farbe aufge-preßt. Sein Gewicht beträgt 50 g bei folgender Zusammensetzung:

66,5% Bariumnitrat
13,6% Aluminium
12,8% Magnesium
und als Bindemittel:
1,6% Harz
2,0% gummiartige Masse.

Der Brandsatz, der in die Eisenhülle eingepreßt ist, hat nur eine etwas dunklere Farbe als der Übertragungssatz und ein Gewicht von 1280 g. Eine scharfe Abgrenzung zwischen Brand- und Übertragungssatz be steht nicht.

Der Brandsatz besteht aus:
35,0% Bariumnitrat
16,3% Aluminium
1,3% Magnesium
44,0% Eisenoxyduloxyd (Fe3O4)
0,9% Silizium
und als Bindemittel:
1,9% Harz
1,0% gummiartige Masse.

Die Bombe entspricht in ihrer Detonationswirkung etwa einer 50 kg-Spreng-bombe; die einzelnen Thermitbrandbomben werden bis zu etwa 50 m weit herumgeschleudert.

Vernichtung von Blindgängern:

Soweit eine Sprengung am Fundorte erwünscht ist, kann nach Ausschrau-ben des Zünders die Bodenbuchse geöffnet werden; der Sprengstoff läßt sich dann leicht entfernen. Schlag mit Hammer und Meißel ist zu vermei-den. Am besten hat sich das Herauskratzen mit einem Holzlöffel bewährt.

Die Ziffer 198 im Belehrungsblatt 7 ist zu streichen, da sie durch diese Be-schreibung überholt ist.

Russ. Brief-
taube mit
Brandsätzen
(Abb. 182)
200.

Anfang September 1942 wurden erstmalig Brieftauben mit Brandsätzen durch russische Flugzeuge ausgesetzt. Die Brandsätze waren mit Bändern an der Brust der Tauben befestigt. Die Tauben können wegen des schwe-ren Gewichtes der Brandsätze keinen langen Flugweg zurücklegen und flat-tern auf dem kürzesten Wege zur Erde. Anscheinend war beabsichtigt, bei der Landung der Tauben auf Bauernhöfen, in Getreidefeldern usw. Brände zu erzeugen.

Das Brandmittel besteht im wesentlichen aus einem herzförmigen Papp-stück, an dem die Bänder befestigt sind und auf den ein Thermitpreßling aufgeklebt ist. Gesamtgewicht 125 Gramm. In der Mitte des Thermitpreß-lings ist in einen Hohlraum ein Anfeuerungssatz aus Kaliumnitrat und Natri-um eingebaut. Außerdem enthält der Hohlraum ein Röhrchen mit Mull und etwas Schwarzpulver. Vorn wird der zylindrische Hohlraum durch die Zünd-vorrichtung verschlossen. Diese besteht aus einem Zylinder aus Kunststoff von 33 mm Länge und 13 mm Durchmesser. Aus der Zündvorrichtung ragt ein Stempel mit einem Teller soweit nach vorn, daß er bei der Landung der Taube zuerst den Boden berührt, eingedrückt wird und die dünne Ver-schlußhaut einer Glasampulle im Innern des Zündkörpers zerbricht. Die Glasampulle enthält etwa 1 Gramm konzentrierte Schwefelsäure, die sich auf ein Gemisch von Rohzucker und Kaliumchlorat ergießt und dieses in Brand setzt. Dadurch wird die Entzündung des gesamten Körpers bewirkt. Über angerichtete Schäden liegen noch keine genauen Meldungen vor.

Russ. Zement-
Splitterbombe
100 kg
(Abb. 183)
201.

Russische Zement-Splitterbomben von etwa 100 kg wurden in verschie-denen Munitionslagern erbeutet. Über ihren Einsatz und ihre Splitterwirkung liegen noch keine Berichte vor. Nach russischen Angaben sollen sie gegen lebende Ziele an Stelle der FAB 100 eingesetzt werden. Die Bombe besteht aus einer Stahlbetonhülle, die unter Verwendung von gezahnten Längsrip-pen und 3 mm starken Stahldrähten hergestellt ist.

Die Bombe hat ein Gesamtgewicht von etwa 100 kg, das jedoch infolge Ungenauigkeit in der Fertigung nach oben und unten um mehrere kg abwei-chen kann. Der Sprengstoffanteil beträgt etwa 50 bis 55 kg, d.h. 50 % des Gesamtgewichtes; als Füllung wird teilweise eingegossenes Trinitrotuluol und in anderen Fällen auch eine eingestampfte Mischung aus Ammonium-nitrat und Trinitrotuluol verwendet. Anstrich der Bombe dunkelgrau, Zünder APUW, Aufhängung, Leitwerk und wahrscheinlich Einsatz wie bei der Sprengbombe FAB 100. Die rus-sische Bezeichnung ist noch nicht bekannt.

Russ. Fall-
schirmbombe
100 kg
MAB 100
(Abb. 184)
202.

Die in Abb. 184 dargestellte russische Fallschirmbombe 100 kg ist eine dünnwandige Bombe mit einer Füllung aus 65 bis 70 kg eingegossenem Tri-nitrotuluol. Russische Bezeichnung MAB 100 = Mostowaja Avia Bomba = Brücken-Fliegerbombe. Die bisher aufgefundenen Blindgänger waren mit Zünder APUW an der Spitze versehen. Angeblich sollen auch entsprechend aufgebaute 50 kg- und 250 kg-Bomben vorhanden sein. Im Bombenboden befindet sich ebenfalls ein Gewinde für den Zünder APUW als Heckzünder. Bisher war diese Buchse jedoch leer und mit einer Verschlußschraube aus Preßstoff verschlossen. In das Innere des Ringleitwerkes ist eine Büchse eingeschoben, in der ein Fallschirm von 2,5 m Durchmesser untergebracht ist.

Durch Lösen eines Bolzens, wahrscheinlich durch das Abwurfgerät, kann die Fallschirmbüchse von der Bombe getrennt werden, es ist also wahlwei-ser Abwurf mit oder ohne Fallschirm möglich. Außerdem befindet sich am Leitwerk noch eine Trommel, auf der 16 m 2 mm dickes Drahtseil aufgewik-kelt sind. Die Aufgabe dieses Drahtes konnte noch nicht einwandfrei ermit-telt werden. Es ist anzunehmen, daß durch das Drahtseil der Fallschirm erst nach 16 m Fallweg geöffnet wird, um zu vermeiden, daß er am Leit-werk des Flugzeugs hängen bleibt. Die Fliehgewichte an der Seiltrommel gewährleisten ein gleichmäßiges Ablaufen des Seiles. Der Fallschirm hat wahrscheinlich die Aufgabe, die Bombe bei Tiefangriffen weit genug hinter das abwerfende Flugzeug zu bringen und einen o.V.-Wurf ohne Gefährdung des abwerfenden Flugzeuges zu ermöglichen. Bisher wurde die Bombe nur gegen auf Rollfeldern abgestellte Flugzeuge eingesetzt; hierbei wurde be-obachtet, daß die Zerstörungen durch Splitter verhältnismäßig geringfügig waren, während jedoch der starke Luftdruck ein Aufreißen der Beplankung der abgestellten Flugzeuge bewirkte. Ihre russische Bezeichnung nach wurde sie für Tiefangriffe gegen Brücken mit o.V.-Wurf entwickelt. An-scheinend wird die Bombe bei Hochangriffen grundsätzlich ohne Fallschirm geworfen, um eine genaue Abwurfbahn zu gewährleisten.

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