Herstellung von rauchschwachem PulverInhaltsverzeichnis
3. Abschnitt - Pulver; a) Rauchschwache Pulver - Teil A: Beschreibung
A. Bestandteile und ihre Erzeugung

Rauchschwache Pulver entstehen durch Walzen und Pressen (Formen) des Pulverteiges aus gelatinierter Nitrozellulose.

In der Kriegsmarine kommen zur Verwendung:
Nitroglyzerinpulver und
Nitrozellulosepulver (Schießbaumwolle).

Nitroglyzerinpulver ist ein Gemisch von Nitrozellulose mit Nitroglyzerin und Zusatzstoffen.

Nitrozellulosepulver dagegen enthält nur Nitrozellulose und Zusatzstoffe.
I. Die Nitrozellulose.
a. Allgemeines.
Der Grundstoff für alle rauchschwachen Pulver ist:

Pflanzenfaserstoff = Zellulose.

Er befindet sich als Grundstoff in sämtlichen Pflanzen, besonders rein in der Baumwolle.

Zur Herstellung rauchschwacher Pulver wird Baumwolle oder Zellulose aus Holz (Zellstoff) verarbeitet.

Durch die Behandlung von Zellulose mit Salpetersäure (Nitrieren) erhält man Nitrozellulo-se. Das hierbei frei werdende Wasser wird durch die beigegebene Schwefelsäure aufge-nommen. Nitrozellulose gleicht äußerlich der gewöhnlichen Zellulose, fühlt sich jedoch etwas rauher an. Ihre Farbe schwankt zwischen lichtgelb und weiß. Sie ist geruch- und geschmacklos, in Wasser unlöslich, dagegen leicht löslich in einem Gemisch aus Alkohol und Äther, Essigäther und Azeton.

b. Reihenfolge der Herstellungsarbeiten.

1.

Reinigen und Zerkleinern der Zellulose.

Die Zellulose wird getrocknet und durch Reßmaschinen in Fasern zerzupft, um sie empfänglicher für die Aufnahme der Nitriersäure zu machen. Sie wird dann zum Ent-fernen anhaftender Fettbestandteile in 2%iger Sodalösung gekocht, mehrfach ge-waschen und in Zentrifugen von anhaftendem Wasser befreit; anschließend ge-trocknet.

2.

Nitrieren der Zellulose.

Die Nitriersäure (Mischsäure) besteht aus einem Gemisch von etwa einem Teil Sal-petersäure mit drei Teilen Schwefelsäure.

Das Nitrieren geschieht dadurch, daß man säurefeste, durch Deckel verschließbare Nitriertrommeln mit etwa 50 Gewichtsteilen Mischsäure füllt und hierin einen Ge-wichtsteil Zellulose untertaucht.

Beim Nitrieren besteht Entzündungsgefahr, die durch Kühlung unter gleichzeitiger Absaugung der sich entwickelnden nitrosen Gase gemindert wird.

Der Nitrierprozeß ost nach etwa einer halben Stunde beendet; es hat sich ein Teil der Salpetersäure mit der Zellulose zu einem neuen Stoff, der Nitrozellulose, verbun-den.

Diese muß nun sehr sorgfältig entsäuert werden, denn die noch mit Säure behaftete Nitrozellulose neigt schon bei normaler Temperatur zum langsamen Zerfall, der bis zur Stoffentzündung führen kann

Zur restlosen Entfernung der noch anhaftenden Nitriersäure sind daher weiterhin die folgenden besonders wichtigen Arbeiten notwendig:

3.

Ausschleudern.

Nach Ablassen des Säuregemisches (und anschließender Konzentration zur erneuten Verwendung) wird die der Schießwolle noch anhaftende Säure in den rotierenden Ni-triertrommel zum größten Teil abgeschleudert.

4.

Waschen.

Die noch anhaftende Säure wird durch intensives Waschen in kaltem Wasser und durch mehrfaches Kochen entfernt, bis Säurereste nicht mehr nachweisbar sind.

5.

Zerkleinern.

Die Haarröhrchen der Zellulose halten jedoch noch Säurereste fest, die nur nach dem Zerstören des Baumwollfasergefüges entfernt werden können. Die Nitrozellulose wird daher in Wahlholländern zerkleinert.

6.

Nochmaliges Waschen.

Wegen der Haltbarkeit wird die Schießwolle nochmals mehrfach gewaschen und ge-kocht, um die letzten Säurespuren aus den Pflanzenfaserteilchen zu entfernen.

7.

Ausschleudern.

In Zentrifugen wird das aufgenommene Wasser bis auf etwa 30% Wassergehalt ausgeschleudert.

8.

Aufbewahrung.

Die nunmehr fertige Nitrozellulose wird als sogenannte »nasse Schießwolle« bis zur weiteren Verarbeitung in wasserdichten Gefäßen verpackt.

II. Das Nitroglyzerin

a. Allgemeines.

Nitroglyzerin erhält man durch Nitrieren von Glyzerin. Glyzerin wird als Nebenprodukt hauptsächlich bei der Seifen- und Stearinkerzenherstellung als Rohglyzerin gewonnen, kann aber auch durch Vergären von Zucker hergestellt werden. Das zu verwendende Gly-zerin muß fast geruchlos, ferner farblos und absolut rein sein.

Nitroglyzerin ist eine ölige, nahezu farblose Flüssigkeit und dementsprechend auch schon bei gewöhnlicher Temperatur etwas flüchtig; auch chemisch ist es gegen Wärme weniger widerstandsfähig als ein Nitrokörper, wie Trinitrotoluol, und zersetzt sich schon unterhalb 200° C; entzündet brennt es heftig und zerfällt bei Erhitzung unter Explosion.

a. Herstellung.

Das Nitrieren geschieht ähnlich wie bei der Zellulose. Das Säuregemisch besteht für einen Teil Glyzerin aus etwa 3 Teilen Salpetersäure und etwa 5 Teilen Schwefelsäure. Die Schwefelsäure hat in dem Säuregemisch die Aufgabe, das beim Nitrieren des Glyzerins frei werdende Wasser aufzunehmen.

In die durch Deckel verschließbaren Nitrierapparate aus Blei, die innen mit Kühlschlangen versehen sind, wird die erforderliche Mischsäure eingelassen und so abgekühlt, daß sie 15° C nicht übersteigt. Hierauf läßt man das Glyzerin ganz langsam zufließen. Es entwik-kelt sich Wärme. Der Zufluß des Glyzerins wird so geregelt, daß + 30° C nicht überschrit-ten werden. Das Nitrieren ist in 20 bis 30 Minuten beendet. Während des chemischen Vorgangs besteht Explosionsgefahr. Es sind daher umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen erforderlich.

Die Abfallsäure scheidet sich von dem Nitroglyzerin in mit Blei aufgelegten Scheidebot-tichen, infolge des verschiedenen spezifischen Gewichts. Die einzelnen Bestandteile des Nitriegemischs lagern sich in scharf abgegrenzten Schichten übereinander ab. Die Schei-dung dauert etwa 1 Stunde.

Dann läßt man das Nitroglyzerin und das Säuregemisch zur weiteren Bearbeitung getrennt ab. Das Säuregemisch wird in besonderen Anlagen zur Wiederverwendung hergerichtet.

Die Reinigung des Nitroglyzerins zur vollständigen Entsäuerung geschieht durch mehrmali-ges Waschen in Wasser und Sodallauge, ferner durch Entwässern und Filtrieren.

Herstellung von rauchschwachem PulverInhaltsverzeichnis